München – Markus Söder bemüht sich um maximal mögliche Demut: „Wir wollen nichts vorschreiben, sondern nur vorschlagen“, sagt der Ministerpräsident. Aber Vorschläge hat einer wie Söder natürlich eine ganze Menge. Nachdem er bereits seit seiner fulminanten Regierungserklärung fast wöchentlich ein kleines Feuerwerk an neuen Plänen mit seinem Kabinett abfeuerte, legt der Ministerpräsident nun noch einmal nach: „Metropolstrategie“ lautet das Schlagwort. Er wolle „jenseits ideologischer und parteipolitischer Fragen“ über München und das Umland diskutieren. Der Freistaat wolle alle Beteiligten als Planer und Mediator an einen Tisch bringen. Es gehe darum, den Stress in der Großstadt zu reduzieren.
-Verkehr: Söder möchte mit den Landkreisen den Bau einer Ring-S-Bahn diskutieren. Ob diese direkt am Stadtrand verkehren oder außerhalb die Kreisstädte verbinden soll, lässt er bewusst offen. In der Stadt plädiert er für eine U-Bahn-Strategie. „Der Bau von U-Bahnen ist in den letzten Jahren ja quasi zum Erliegen gekommen.“ Der Mittlere Ring soll, wo möglich, untertunnelt und kreuzungsfrei werden. Zudem regt er eine Fahrradoffensive an – eigentlich ein klassisches Grünen-Thema.
-Familien: Die Staatsregierung will die Kinderbetreuung massiv verbessern: Der Freistaat gebe eine „1:1-Garantie“. Alles, was an Schulen und Betreuungsplätzen von den Kommunen beantragt werde, solle erfüllt werden.
-Sicherheit: München soll die sicherste Großstadt Deutschlands bleiben. Bei der Polizei werde Personal aufgestockt. In der Stadt und den U-Bahnen sollen mehr Fußstreifen verkehren. Söder unterstützt auch Alkoholverbote wie am Hauptbahnhof.
-Kultur: Man werde an der Theresienstraße ein „Kunstviertel von internationalem Rang“ entwickeln.
-Wohnen: Söder will mehr und schneller bauen. „Wir unterstützen alles, was höher und nachhaltiger ist“, sagt Söder. Ungenutzte Flächen müssten genutzt werden. Neue Ideen präsentierte der Ministerpräsident allerdings nicht.
Das Programm ist indirekt die Folge der massiven Proteste gegen die Asylpolitik der CSU: Nachdem im Juli Zehntausende trotz strömenden Regens unter dem Motto „Ausgehetzt“ in München auf die Straße gegangen waren, hatten zwar viele CSU-Politiker die Demonstranten wegen einiger rüder Plakate beschimpft. Söder aber war still geblieben und hatte rasch eine Strategieänderung vorgegeben – nicht die erste in diesem Wahlkampf, der eigentlich erst jetzt in die heiße Phase geht. Die CSU will die bunte, eher tolerante Stadtgesellschaft umwerben.
Der Partei droht am 14. Oktober der Verlust gleich mehrerer Direktmandate. Im neu geschaffenen Stimmkreis Mitte, der besonders liberale Gegenden umfasst und in der CSU intern gerne als „bad bank“ bezeichnet wird, gilt Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann als Favorit. In Milbertshofen, wo 2013 die SPD gewann, könnte Hartmanns Kollegin Katharina Schulze das Rennen machen. Auch im Stimmkreis München-Schwabing dürfte es spannend werden: Dem Münchner CSU-Chef Ludwig Spaenle, von Söder als Kultusminister abgesägt, ist mit Christian Hierneis (Grüne) starke Konkurrenz erwachsen. Aber auch Isabell Zacharias (SPD) und Wolfgang Heubisch (FDP) hatten hier 2013 starke Ergebnisse. Sollte Spaenle aus dem Landtag fliegen, wären auch seine Tage als Bezirkschef gezählt.
All das weiß Söder natürlich. Und doch hat er der Versuchung widerstanden, auch die Landeshauptstadt noch mit teuren, kurzfristigen Vorwahlgeschenken zu überschütten. Diesmal denkt der Ministerpräsident langfristiger – auch wenn es ihn dann vielleicht umso teurer kommt. Nach der Wahl will Söder, wenn er dann noch im Amt ist, OB Dieter Reiter (SPD) sowie die Landräte des stetig wachsenden Münchner Umlands einladen, um neue Projekte anzustoßen. In der Staatsregierung fungiert Georg Eisenreich, eigentlich für Europa zuständig, schon jetzt als München-Beauftragter.
Es gehe um Kooperation und Zusammenarbeit, betont der Ministerpräsident immer wieder. Ob er Dieter Reiter vorab über seine „Metropolstrategie“ informiert habe, wird er gefragt. Söder schüttelt den Kopf. Man muss es mit der Demut ja auch nicht übertreiben.