München – Wiggerl Hagn, Wiesn-Wirt des Löwenbräuzelts, hält von den EU-Plänen „gar nix“. „Bei uns in der Hirschau gibt es stilles Mineralwasser aus Glasflaschen – und zum Espresso bieten wir jetzt schon ein Glas Wasser an. Aber das gesetzlich vorzuschreiben, halte ich für Unsinn. Das ist meine Sache, meine Verantwortung.“
Wenn er sich da mal nicht täuscht. Ein neuer Entwurf der EU-Trinkwasserschutz-Richtlinie ärgert den Gastronomen-Fachverband Dehoga. „Der Vorstoß erschließt sich uns in keiner Weise“, heißt es. Denn er soll die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, die kostenlose Bereitstellung von Leitungswasser auf öffentlichen Plätzen und Einrichtungen (etwa Rathäusern) sowie eben auch in Restaurants und Kantinen zu fördern. Hintergrund der Initiative ist die Bemühung, die Verwendung von Kunststoffflaschen zu reduzieren und generell einen besseren Zugang zu sauberem Trinkwasser in den EU-Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Angeblich haben 20 Millionen Europäer dies derzeit nicht.
Von solchen hehren Zielen lassen sich die bayerischen Wirte nicht so schnell überzeugen. „Es gibt keine Pflicht, kostenlos Leitungswasser in der Wirtschaft anzubieten, und das sollte auch in der unternehmerischen Entscheidung des Wirtes bleiben“, sagt Frank-Ulrich John, Dehoga-Geschäftsführer in Bayern. Im Extremfall hieße dies, dass ein Gast es sich in der Wirtschaft gemütlich macht – bei einem kostenlosen Glas Wasser. Aber auch Sitten wie in Österreich, wo zum gepflegten „Kleinen Braunen“ unaufgefordert ein kleines Glas Leitungswasser gratis serviert wird, sollen wohl nicht einreißen. Es kostet ja alles was. „Dies betrifft neben der Bezahlung der Servicekraft etwa die Bereitstellung und Reinigung des genutzten Glases“, heißt es in einer scharf ablehnenden Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelskammertags.
Dass die EU-Richtlinie überarbeitet wird, ist letztlich eine Konsequenz aus der europäischen Bürgerinitiative „Right2water“, die gerade auch in Bayern viel Zulauf hatte. Nachdem Pläne einer Trinkwasser-Liberalisierung vor Jahren viel Aufregung erzeugt hatten, forderte „Right2water“ im Gegenzug einen höheren Schutz für Wasser. In Deutschland befasste sich der Bundesrat Ende April mit der neuen EU-Richtlinie. Das Gremium begrüßte, dass der Grenzwert für Blei gesenkt werden soll, wobei noch umstritten ist, ob nach Bleirückständen im Leitungswasser künftig regelmäßig gesucht werden muss – der Einbau von Bleirohren ist ja seit Jahren verboten, die Pflichtuntersuchung hätte nur bei älteren Gebäuden Sinn. Zum kostenlosen Trinkwasser äußerte sich der Bundesrat nicht. Der DIHK fürchtet wie auch der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfachs, der die Wasserwerke vertritt, höhere Kosten durch die Pflicht zu mehr Wasserproben. Da die Kosten auf die Verbraucher umgelegt werden, würde der Wasserpreis wohl steigen. Am 10. September stimmt der Umweltausschuss des Europaparlaments ab. Die Richtlinie werde aber erst nach der Europawahl (Mai 2019) in Kraft treten, heißt es.
Dietmar Holzapfel vom Hotel „Deutsche Eiche“ in München sieht die Diskussion gelassen. Leitungswasser werde sehr selten verlangt. Wenn der Gast noch etwas anderes bestelle, gebe es das gratis. Über andere Forderungen von Gästen kann er nur den Kopf schütteln. Neulich, erzählt Holzapfel, wollte eine Frau im Restaurant ein Glas heißes Leitungswasser – umsonst. Ihren Teebeutel hatte sie selbst mitgebracht. Das war dem Wirt dann doch zu viel des Guten. Aber kostenloses heißes Wasser wird selbst die EU nicht fordern.