Wahl-Serie: Mission fünf Prozent

„Wir sind keine Eintagsfliegen“

von Redaktion

Von Tobias Gmach

München – Zwei Prozent – mehr wurde es bei den vergangenen Landtagswahlen einfach nicht für die kommunal oft viel stärkere ÖDP. Nicht 2003, nicht 2008 und auch nicht 2013. Die Frustration darüber hört man Thomas Prudlo, dem Spitzenkandidaten in Oberbayern, an. Trotzdem ist er zuversichtlich, dass die Ökodemokraten am 14. Oktober die Fünf-Prozent-Marke knacken. Ursprünglich kommt der 51-jährige Solarunternehmer aus Memmingen, heute lebt er in München. In der ÖDP ist er schon seit 26 Jahren.

-Herr Prudlo, Sie wollen mit der ÖDP mit sechs Prozent in den Landtag einziehen. Warum nicht erst mal mit fünf?

Wir hätten auch 5,5 oder 6,5 auf die Plakate schreiben können. Wir wollen einfach Zuversicht verbreiten, dem Wähler zeigen, dass wir es gut und nicht knapp schaffen wollen.

-Warum sollte die ÖDP im Vergleich zu 2013 gleich dreimal so viele Stimmen bekommen?

Wir sind als Partei viel geeinter, unsere Veranstaltungen sind alle rappelvoll, die Mitgliederzahlen steigen. Unser Volksbegehren „Rettet die Bienen“ läuft extrem gut, wir werden im Oktober eine Rekordzahl an Unterschriften einreichen. Und wir sind substanziell anders aufgestellt als irgendwelche Eintagsfliegen, weil wir seit über 30 Jahren unsere Arbeit machen.

-Trotzdem entscheiden sich traditionell wenige Menschen bei Landtagswahlen für die ÖDP.

Wir kämpfen gegen das Argument der verschenkten Stimme. Es ist falsch, jede Stimme wirkt. Schon mit vier Prozent würden uns die Medien ganz anders wahrnehmen. Wenn uns alle wählen würden, die uns kommunal wählen, hätten wir die fünf Prozent schon längst erreicht. Die Menschen müssen aufhören, taktisch zu wählen. Oft höre ich, dass man sich für das geringere Übel entscheidet. Im Restaurant frage ich doch auch nicht nach dem Gericht, von dem mir am wenigsten übel wird, sondern nach dem leckersten.

-Sie sind frustriert.

Natürlich. Wir haben die Medien nicht auf unserer Seite. Wir tauchen in den Umfragen nicht auf, jeder schreibt uns zu den kleinen Parteien. Das ist ein selbstverstärkender Kreislauf. Aber wir müssen trotzdem unsere Arbeit machen und Niederlagen als Demokraten hinnehmen. Immerhin wurden wir mal als wirksamste Oppositionspartei bezeichnet, weil wir viele Volksbegehren gewinnen. Nur so kann man die Union stoppen oder korrigieren.

-Sie werben aktiv um enttäuschte CSU-Wähler. Spielen Sie da auf die Asylpolitik an?

Nicht nur. Die nachdenklichen CSU-Wähler sind für uns interessant. Wir wollen eine vernünftige Asylpolitik, nicht naiv, aber auch nicht trampelnd gegen Menschen. Ich vermisse da Klarheit und einen ruhigen Kopf. Aber das ist kein Wahlkampf-Thema.

-Welches dann?

Wir können viele Unionswähler gewinnen, weil wir zur bayerischen Kultur stehen. Wir haben überhaupt kein Problem, über Heimat zu sprechen, aber nicht auf völkische Art. Die Verbundenheit zu den Lebensgrundlagen, zu blühenden Wiesen in Bayern: Das sind konservative Dinge, die wir bewahren wollen. Das massive Arten- und Bauernsterben muss aufhören. Wir brauchen eine gesunde, keine am Export orientierte Turbolandwirtschaft.

-Sie sprechen auch vom „besseren Bayernplan“. Warum stürzen Sie sich so auf die CSU?

Ganz so ist es ja nicht. Uns treten auch Grünen-Mitglieder bei, die sehen, dass sich ihre Partei von den Wurzeln entfernt hat. Wir kombinieren Bodenständiges mit Zukunftsthemen wie Klimaschutz. Das gefällt vernünftigen Menschen, auch SPD-Wählern, die über neoliberale Entwicklungen klagen.

-Mit welchem Thema wollen Sie als Spitzenkandidat im Wahlkampf ankommen?

Ich bin ein großer Verfechter der Gemeinwohlökonomie. Wir müssen weg von der Spekulationswirtschaft. Und: Jedes Freihandelsabkommen mit Afrika bedeutet nur, dass wir afrikanische Bauern kaputt machen. Wir müssen einen ökologisch-sozialen Rahmen einfordern, sonst bestimmen Konzerne die Politik.

-Was kann die ÖDP noch besser machen?

Um unentschiedene Wähler zu gewinnen, starten wir jetzt eine große Social-Media-Kampagne. Dieses Thema war in Vergangenheit ein Defizit, das ist aber ausgemerzt.

-Müssen Sie deutlicher werden, um nicht unter dem Radar zu laufen?

Für mich gibt es eine Schmerzgrenze zum Populismus. Im Parteiprogramm finden Sie unzählige klare Positionen.

-Zum Beispiel?

Die geplante Digitalisierung der Schulen führt sicher nicht in die Zukunft. Einfach Tablets in die Grundschulen zu werfen, macht keinen Sinn. Kinder müssen Potenziale entfalten, Sozialverhalten und Feinmotorik lernen. Einen Zehnjährigen kann man nicht einfach etwas bei Google suchen lassen. Er weiß ja gar nicht nach was. Er muss erst mal die Welt begreifen.

-Und wie fördert man das?

Indem man Kinder eigenverantwortlich Projekte erarbeiten lässt. In der Arbeitswelt von morgen muss man seine Zukunft wohl alle fünf Jahre selbst in die Hand nehmen. Da haben nur junge Menschen eine Chance, die sich an viele Situationen anpassen können.

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