Der Maßschneider kommt wieder einmal in den neunten Monat. Aber deswegen braucht niemand schadenfroh zu grinsen. Auch alle anderen Hiesigen und Dasigen stolpern in ihn hinein, ob nun schwanger oder nicht.
„Wann wird es endlich wieder Sommer, ein Sommer, wie er früher einmal war…“ Rudi Carrell, da hast du völlig umsonst gejammert! So einen Traumsommer wie den vergangenen haben wir schon ewig und drei Tag nicht mehr erlebt, so voll praller Sonne, ungewohnten Hitzegraden, mit idealem Badewetter. Wir haben geschwitzt wie eine Muttersau und den Flüssigkeitsverlust in Biergärten auszugleichen versucht. Ein Traumwetter für die Urlauber daheim, ein Albtraum allerdings für unsere Landwirte, denen das Getreide auf den Halmen verdorrte und das Futter für das liebe Vieh auszugehen drohte, sodass Vater Staat seine rettende Hand über die Höfe breiten musste.
Im Herbst da erbst, verspricht der Volksmund. Hoffentlich nicht Rheuma, Gicht und Ischias, sondern die saftigen Früchte des Spätsommers, damit wir mit ihnen eingelagert, eingeweckt, eingefroren, eingedickt, eingesalzen, eingezuckert gut über den Winter kommen.
Noch brauchen wir auf die heimischen Badestrände nicht zu verzichten, auf Waschbrettbäuche und Schleuderbusen, aber wie leicht können sie nun gegen Abend mit einer Gänsehaut verunziert werden! Ja mei, die wenigsten Isarspatzen, Amperamseln und Würmdobler haben das nötige Gerstl, um sich einen Zugvogel zum Überwintern im Süden leisten zu können.
Bayerns erlauchte Dame, die Bavaria, diene uns allen als Vorbild! Seit sie ihre lang berockten Beine auf das Stehpult über der Theresienwiese gesetzt hat, harrt sie gusseisern dort aus, trotz Wind und Wetter. Sogar Schnee und Hagel auf dem Scheitel lassen sie kalt, was auch sonst!
Zurzeit hat sie’s gut! Mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgt sie den Aufbau des Oktoberfestes, registriert befriedigt die altvertrauten Standplätze der Bierbuden, nimmt Neuheiten mit Interesse wahr. Wie gerne würde sie einmal mit dem Toboggan fahren, ihr ständiger Begleiter, der Löwe, ein Verfolgungsrennen in einem Auto-Scooter veranstalten. Aber was wäre die Folge? Ein erdbebenartiger Zusammenbruch hier, ein Schreckensszenario dort. Der Oskar von Miller hat schon gewusst, warum er ihr keine Freigänge ermöglicht hat.
Bis jetzt hat der Maßschneider leider noch keinen einzigen Hendlgutschein, keine Bierzeichen, nicht einmal einen Bon für eine Fischsemmel oder eine Fahrt in der Krinoline erhalten. Macht’s nur so weiter! Dann geht er halt notgedrungen in die Ochsenbraterei und fährt hernach Geisterbahn. Vom Schichtl lässt er sich jedenfalls nicht köpfen.
Zum Schluss noch ein Wort des Dankes an jene Evas, die im September auch noch in ihren ganz speziellen neunten Monat kommen. Ihre Buziwackis sind dringend notwendig, damit wir trotz vieler Zuwanderer in unserem Bayernland nicht zu einer vernachlässigten Minderheit werden!
Maßgeschneidert
An dieser Stelle schreibt
unser Turmschreiber