TARIFREFORM SOLL GERETTET WERDEN

Krisengipfel für den MVV

von Redaktion

von dirk walter

München – Es war ein schöner Plan: Am 9. Juni 2019 sollte, ziemlich genau 20 Jahre nach der letzten Reform, ein neuer MVV-Tarif in Kraft treten – mit einer M-Zone für ganz München, in der das Monatsticket symbolträchtig unter 60 Euro bleibt (wenn auch nur um zehn Cent). Doch am Dienstag kippten die Landräte den MVV-Tarif (wir berichteten), nachdem das Zahlenwerk am Widerstand des Landkreises München zu scheitern drohte. Die Landräte beriefen sich auf eine – freilich relativ unverbindliche – Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der bis 2030 das 365-Euro-Jahresticket für fünf große Verkehrsverbünde in Aussicht gestellt hat. Die Chance zum „Paradigmenwechsel“, so noch am Dienstag der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß als Sprecher der MVV-Landkreise, müsse man nutzen.

Gestern war die Hektik indes groß – denn bei einem kompletten Scheitern wäre man mit leeren Händen dagestanden. Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) telefonierte mit Ministerpräsident Markus Söder, Landrat Niedergesäß wiederum traf Aigner – Krisengespräche mit dem Ziel, einen Ausweg aus der verfahrenen Situation zu suchen.

Das Ergebnis: Noch vor der Wahl wollen Söder und Aigner die Stadtspitze um OB Dieter Reiter (SPD) sowie die Landräte zum MVV-Krisengipfel einladen. Ziel ist es nach Angaben von Aigner aber nicht, nun schnell das 365-Euro-Jahresticket einzuführen. Stattdessen soll mit allen Beteiligten „über punktuelle Nachbesserungen“ gesprochen werden, „um tarifliche Härten der Strukturreform abzumildern“. Damit sind vor allem Preissprünge im Landkreis München gemeint, wo viele große Gemeinden außerhalb der M-Zone liegen und es bei der Fahrt nach München zum Teil zu Preissteigerungen kommt. Wahrscheinlich rutscht aber nicht der komplette Landkreis in die M-Zone, denn das würde im Jahr 40 Millionen Euro kosten, wie der Münchner Landrat Christoph Göbel (CSU) gestern im Verkehrsausschuss seines Kreistags vorrechnete.

„Wir müssen Schärfen abmildern, und zwar im ganzen MVV-Verbund“, sagte Niedergesäß gegenüber unserer Zeitung. Ein Scheitern des gesamten Tarifwerks sei „nicht unser Ansinnen“. Auch Fundamentalkritiker wie der Fürstenfeldbrucker Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Runge, der die Reform für „kompletten Murks“ hält, finden es richtig, dass zumindest „grobe Fehler aus dem Tarifwerk genommen werden“. Problem dabei: Jede Abmilderung kostet Geld. Da der Freistaat als MVV-Gesellschafter bisher nichts für die MVV-Reform zahlt, ist es wahrscheinlich, dass er jetzt zur Kasse gebeten wird. Auch ist der Zeitplan wohl nicht zu halten. Statt im Juni 2019 könnte die Reform nun erst Ende 2019 kommen, also zusammen mit dem traditionellen Fahrplanwechsel. Denn schließlich muss die Reform komplett neu durchgerechnet werden. Anschließend ist erneut die Zustimmung aller acht Landkreise notwendig – auch jener, die der ersten Fassung der Reform schon zugestimmt hatten. Niedergesäß sprach von einer „Ehrenrunde“: „Wenn die Reform noch mal verbessert werden kann, ist es das wert.“

Das von Söder ins Gespräch gebrachte 365-Euro-Ticket für München, Nürnberg, Augsburg, Regensburg und Würzburg ist nun zunächst nicht so wichtig. „Einen konkreten Gesprächstermin zum 365-Euro-Termin gibt es erst einmal nicht“, erklärte Aigner. „Wir konzentrieren uns im ersten Schritt auf die Realisierung der MVV-Tarifreform.“ Heute gibt es aber zunächst einen Festakt: MVV-Chef Alexander Freitag wird verabschiedet. Für Gesprächsstoff ist gesorgt.

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