München – Es ist gar nicht so lange her, da begegnete der evangelische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Kirchen mit distanziertem Unglauben. Sein umstrittener „Kreuzerlass“ war im Frühjahr auf Kritik gestoßen – und das beileibe nicht nur bei erklärten Atheisten. Manchmal „wundere er sich sogar“, dass Kritik über den Vorstoß aus kirchlichen Kreisen komme, sagte Söder damals.
Mittlerweile, einen Monat vor der Landtagswahl, scheint sich Söder seinen Reim auf die Verwerfungen zwischen Christsozialen und Kirchen gemacht zu haben: Äußerst konziliant äußert sich der Ministerpräsident gestern im Münchner Presseclub zu allen Kirchenfragen. „Manche sprachen von einem Konflikt – ich sehe das anders, Kirche und Politik müssen nicht immer die gleiche Meinung haben“, sagt Söder mit Blick auf den Streit ums Kreuz, aber auch Debatten zum Thema Polizeiaufgabengesetz und Asylpolitik. Schließlich gebe es auch kirchenintern „sehr heftige Diskussionen“.
Rückblickend nennt Söder die Debatte um das Kreuz „spannend“ sowie „an einigen Stellen überraschend, aber vielleicht auch notwendig, als eine Form der Selbstvergewisserung“. Seinen Kritikern in Sachen des seit 1. Juni gültigen Kreuzerlasses hat Söder auch einen Satz zur Beruhigung mitgebracht. „Natürlich ist das Kreuz in erster Linie ein religiöses Symbol – was auch sonst?“, betont er. Es sei aber eben auch Teil der bayerischen „Identität und Humanität“. Gerügt worden war aus den Kirchen u.a. eine mögliche politische Instrumentalisierung des christlichen Symbols.
Stattdessen geht Söder demonstrativ auf Annäherungskurs zu den Kirchen. Allgemein, stellt er klar, ist er „bekennender Fan der Institution Kirche“. Er wolle „die Akzeptanz“ der christlichen Kirchen in Bayern stärken. „Kirche gibt Halt, Identität“, sagt der Ministerpräsident. Und erklärt mit Blick auf das Erstarken des Rechtspopulismus in Europa: „Viele Phänomene haben etwas mit Unsicherheit in Bezug auf die eigene Identität zu tun.“
Mehr noch: Wie Mitgliederschwund und ein möglicher Bedeutungsverlust der Kirchen gestoppt werden könne, darüber wolle er in einen Dialog eintreten, sagt Söder. Passieren wird das aber wohl erst nach der Landtagswahl am 14. Oktober. In Gesprächen mit Bischöfen sei man übereingekommen, den seit der Kreuzdebatte geplanten Runden Tisch „nicht Teil des Wahlkampfs“ werden zu lassen. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Söder hatte nämlich die Idee für den Runden Tisch über die Medien kommuniziert – ohne zuvor mit den möglichen Teilnehmern Kontakt aufzunehmen. Was nicht auf einhellige Begeisterung stieß. Und die Bereitschaft, den Termin noch vor der Wahl stattfinden zu lassen, gedämpft hatte.
Söder lässt auch durchblicken, dass er einige Äußerungen aus Kirchenkreisen mit Argwohn sieht. „Die Kirchen machen es uns nicht immer ganz leicht, auch mir persönlich nicht“, sagt er. „Das ändert aber nichts daran, dass ich sie für unglaublich wichtig halte.“ epd/cm