Kardinal Marx wird 65

Kein Gedanke an Ruhestand

von Redaktion

München – Im Erzbistum München und Freising ist Reinhard Marx inzwischen seit elf Jahren daheim, doch meistens ist der Kardinal außerhalb der Bistumsgrenzen unterwegs. Im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, deren Vorsitzender er seit 2014 ist oder als Berater des Papstes, in dessen Kardinalsrat er mit schwierigen Aufgaben der Kurienreform befasst ist.

An diesem Freitag vollendet Reinhard Marx sein 65. Lebensjahr. Ein Alter, in dem der Normalbürger so langsam an den Ruhestand denkt. Nicht so katholische Bischöfe: Sie reichen gemeinhin mit 75 Jahren ihr Rücktrittsgesuch ein – über das der Papst dann noch zu entscheiden hat. An Ruhestand verschwendet auch Marx noch gar keinen Gedanken. Ganz im Gegenteil: „Ich wünsche mir, dass ich die nächsten zehn Jahre tatkräftig und voll Freude mitgestalten kann“, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Zu gestalten gibt es für ihn jede Menge. Derzeit vielleicht mehr, als ihm lieb ist.

Wenn kommenden Sonntag die deutschen Bischöfe zu ihrer Herbstvollversammlung in Fulda zusammenkommen, dann steht Marx als deren Vorsitzender vor einer äußerst schwierigen Aufgabe. Am Dienstag wird er dort die neue Studie der Öffentlichkeit vorstellen, in der Forscher die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche untersucht haben. Nach der Präsentation kommt dann der wohl schwierigste Part: Die Beratungen hinter verschlossener Tür. Bereits am Dienstag hatte der Kardinal seinen Brüdern im Bischofsamt ins Stammbuch geschrieben, dass aus der Studie Konsequenzen gezogen werden müssen. Spannend dürfte sein, ob sich das Gremium aus 67 deutschen Orts- und Weihbischöfen auf eine gemeinsame Linie wird einigen können. Denn um die Einheit der Konferenz war es zuletzt nicht gut bestellt. Eine Mehrheit hatte sich unter der Führung von Marx in Einzelfällen für eine Teilnahme von evangelischen Ehepartnern an der Kommunion stark gemacht. Sieben Bischöfe, darunter fünf bayerische, wandten sich aus Protest an Rom. Die Art und Weise, wie der Streit ausgetragen wurde, nannte Marx, der viel einstecken kann, später „grenzwertig“.

Alles andere als friedlich ist auch das Verhältnis zwischen Marx und der in Bayern noch alleinregierenden CSU. Mit Ministerpräsident Markus Söder hat er schon so manchen Streit ausgefochten. Ob es um die Asyldebatte geht oder die Auseinandersetzung über Söders umstrittenen Kreuzerlass: Das Verhältnis gilt als sehr gespannt. Selbst in Rom, als Berater von Papst Franziskus, herrscht kein heiliger Frieden. Gegner der Kuriereform versuchen derzeit mit allen Mitteln, Veränderungsprozesse zu stoppen.

Und dahoam? Der Kardinal hat sich vorgenommen, noch einmal alles auf den Prüfstand zu stellen und zu überlegen, welche Projekte er in den kommenden zehn Jahren noch anpacken kann. Dazu holt er sich derzeit Rat bei seinen Mitarbeitern. Groß feiern wird Reinhard Marx seinen Geburtstag jedenfalls nicht. Die Vorbereitungen der Bischofskonferenz laufen auf Hochtouren. Es dürfte eine der wichtigsten Versammlungen werden, denn es geht um die Glaubwürdigkeit und die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland. Ein 65. Geburtstag gerät da ganz schnell zur Nebensache. Claudia Möllers

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