Wolbergs sagt aus

„Ich verspüre eine gehörige Portion Wut“

von Redaktion

Von Ute Wessels und Stefan Aigner

Regensburg – Auf den zweiten Verhandlungstag im Korruptions- und Parteispendenprozess hat Joachim Wolbergs (SPD) mehr als zwei Jahre gewartet. Als die Ermittlungen gegen ihn im Juni 2016 begannen, hatte der heute 47-Jährige angekündigt, sich zu gegebener Zeit äußern zu wollen. Dieser Zeitpunkt ist nun gekommen. Wolbergs redet – fast fünf Stunden lang. Er hat ein Ziel: Er will beweisen, dass er kein Verbrecher ist. Angeklagt ist er wegen Vorteilsannahme und Verstoß gegen das Parteiengesetz. Er soll den Bauunternehmer Volker Tretzel bevorzugt haben. Er fühle sich ungerecht behandelt, sagt Wolbergs.

Emotional schildert Wolbergs, wie vor zwei Jahren die Ermittlungen gegen ihn begonnen haben. Wie die Staatsanwältin mit Kripobeamten und einem Durchsuchungsbeschluss in seinem Büro erschien. Damals habe er noch geglaubt, die Staatsanwaltschaft ermittele in Richtung Schuld und Unschuld, sagt er. Dieses Vertrauen habe er spätestens bei seiner Inhaftierung verloren. Im Januar 2017 war Wolbergs in einer Tiefgarage festgenommen und später in die psychiatrische Abteilung des Straubinger Gefängnisses gebracht worden. „Die Zeit war für mich furchtbar.“

Er berichtet von Dauervideoüberwachung in der Zelle wegen angeblicher Suizidgefahr, von abgehörten Telefongesprächen, von medialer Anfeindung, von Durchsuchungen bei Rathausmitarbeitern, falschen Verdächtigungen und davon, dass seinetwegen zwei weitere Menschen in U-Haft kamen – nämlich Tretzel und dessen Mitarbeiter. Das lasse ihn nicht los. Seine Kinder mussten in der Schule aus dem Internet von seiner Verhaftung erfahren, schildert er.

Detailliert äußert er sich zu den Parteispenden. Sie seien für den Wahlkampf und die SPD gedacht gewesen, nicht für ihn. Parteien seien auf Spenden angewiesen, weil es auf kommunaler Ebene keine staatliche Parteienfinanzierung gebe, betont er. Für den Wahlkampf 2014 sei eine Agentur engagiert worden, deswegen war er teurer. Er habe sich stets an sämtliche Regeln bei der Annahme von Parteispenden gehalten, sagt Wolbergs. Es sei auch nicht verboten, dass Unternehmer spenden, ohne dafür öffentlich genannt werden zu wollen. Tretzel habe gespendet, „weil er mich mochte und weil er mich für einen guten Oberbürgermeister hielt“. Für die Vergabe des Areals der Nibelungenkaserne an Tretzel habe er gestimmt, weil es aus seiner Sicht schlichtweg der beste Vorschlag gewesen sei – Tretzel habe mehr sozialen Wohnbau auf dem Gelände geplant als die anderen Bewerber und zudem die Sozialwohnungen nach den gleichen Standards ausstatten wollen wie die Eigentumswohnungen. Er fühle sich angesichts der Ermittlungen gegen ihn völlig nackt. „Aber das ist mir egal“, sagt er. „Ich verspüre eine gehörige Portion Wut.“ Je länger Wolbergs redet, desto lauter wird seine Stimme, manchmal brüllt er fast. Immer öfter spricht er die gegen ihn ermittelnde Staatsanwältin Christine Ernstberger direkt an. Nach gut drei Stundenschleudert er ihr entgegen: „Sie haben Glück, dass ich nichts mehr zu sagen habe. Ich würde empfehlen, Sie auf Amtshaftung zu verklagen für den Riesenschaden, den Sie verursacht haben.“

Wolbergs’ Rechtsanwalt Peter Witting nutzt die anschließende Zigarettenpause, um seinen Mandanten zu beruhigen. Ernstberger, die Wolbergs’ Vorwürfe bis dahin eher regungslos hingenommen hat, bittet nun doch, „von persönlichen Angriffen abzusehen“. Wolbergs formuliert so etwas wie eine Entschuldigung: „Ich bin einfach so verbittert. Ich habe alles verloren – zu Unrecht.“ Ein leiser, resignierter Ton bestimmt dann die letzte halbe Stunde seiner Rede.

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