München – Forscher, Pioniere, Weltverbesserer und Gestalter der unaufhaltsamen Veränderung: So beschreiben sich die Mitglieder der Partei der Humanisten in ihrem Leitbild. 700 sind es in Deutschland, etwa 90 in Bayern, wo es seit Februar vergangenen Jahres einen Landesverband gibt. Der Vorsitzende Mirco Kramer ist in seinem Leben 13 Mal umgezogen und hat 13 Schuljahre in Afrika verbracht. Heute ist der 49-Jährige Projektleiter in einem Chemieunternehmen im Landkreis Fürth. Seine Partei tritt ausschließlich in Oberbayern an, weil sie nur dort genügend Unterschriften sammeln konnte.
-Herr Kramer, warum schließt sich jemand, der wegen Brexit, Trump und Pegida in die Politik geht, ausgerechnet der Mini-Partei der Humanisten an?
Ich habe immer zu Bekannten gesagt: Wenn euch was nicht passt, dann macht doch was dagegen. Irgendwann habe ich mich dann selbst beim Schimpfen ertappt – und musste meinen eigenen Ratschlag befolgen. Am nächsten waren mir die SPD wegen dem Sozialen und die Grünen wegen dem Umweltweltcharakter, aber abgedeckt haben sie meine Vorstellungen nicht. Dann bin ich zufällig über die Humanisten gestolpert, die Übereinstimmung war sehr hoch. Ich würde mir wünschen, dass jeder in Deutschland Mitglied einer Partei wäre und einmal im Jahr über das Programm abstimmt. Dann bräuchte sich nämlich gar niemand mehr beschweren.
-Liberal, rational, fortschrittlich: Ihre Partei predigt große Leitgedanken. Können Sie auch konkrete Maßnahmen nennen, für die Sie sich einsetzen?
Wir sind für einen dritten Nationalpark in Bayern. Wir wollen die europäische Union zu einer Bundesrepublik entwickeln, in der einzelne Regionen nicht mehr an Nationalstaaten gebunden sind. Und wir würden die Gottesbezüge aus der Verfassung streichen.
-Sie fordern eine strengere Trennung von Kirche und Staat. Was stört Sie so?
In staatlichen Angelegenheiten hat Religion nichts verloren. Die Staatskirchenverträge müssen gekündigt werden. Wir stellen uns allgemein gegen Zahlungen an Weltanschauungsgruppen, auch an nicht-kirchliche. Darüber hinaus sollten den Kirchen die Steuerprivilegien entzogen und das kirchliche Arbeitsrecht abgeschafft werden. Wir würden religiöse Feiertage durch weltanschaulich-neutrale ersetzen.
-Ist das Ihr Anliegen Nummer eins?
Wissenschaft, Forschung und Bildung haben die Menschheit am meisten vorangebracht. Das ist unser Kernthema. Bei der weiteren Entwicklung sollte man fundierte Erkenntnisse als Basis nehmen – und nicht irgendwelche Glaubensbekenntnisse aus der Bibel oder Lehren von Karl Marx. Jede Technologie, die Menschen voranbringt, ist unterstützenswert.
-Sie wollen sich nicht von Ideologien und Dogmen leiten lassen. Wo geschieht das Ihrer Meinung nach?
Beim Thema Glyphosat. Die Grünen haben damit prinzipiell ein Problem, weil es ein Gift ist. Aber es ist das verträglichste Umweltgift, das es derzeit gibt. Man kann es sorgfältig einsetzen, ohne Menschen zu schaden. Auch die Atomkraft ist ideologisch besetzt. Wir alle haben Angst vor der größtmöglichen Katastrophe. Aber viel wichtiger ist doch erst mal, das Leid, das Kohlekraftwerke verursachen, zu senken. Der Abbau ist sehr ungesund und führt zu Lungenkrankheiten. Außerdem müssen wir den CO2-Ausstoß rasch reduzieren, damit unser Planet bewohnbar bleibt. Die Atomkraft brauchen wir als Brückentechnologie, erneuerbare Energien sind die Zukunft.
-Wofür würde ein Humanist im Bayerischen Landtag kämpfen?
Dafür, dass Pflegekräfte, Polizisten und Feuerwehrleute vernünftig entlohnt werden.
Unser wichtigstes soziales Thema ist das bedingungslose Grundeinkommen. Jeder sollte die Möglichkeit haben zu leben, ohne durch das soziale Netz zu fallen. Es gäbe kein Hartz-IV-Stigma mehr. Und es wäre auch eine Reaktion darauf, dass durch die Digitalisierung die Arbeitsplätze knapper werden.
-Das Thema Digitalisierung beansprucht die FDP gerne für sich. Wie unterscheiden Sie sich von ihr?
Die FDP ist eher wirtschaftsliberal. Für uns stehen die Selbstbestimmung und die Grundrechte der Menschen an erster Stelle. Die Wirtschaft darf nicht wichtiger als der kleine Mann sein. Liberal zu sein bedeutet auch, soziale Verantwortung zu tragen.