„Regierung muss gesprächsbereiter sein“

von Redaktion

Erster gesamtbayerischer Asylgipfel: Helfer diskutieren Einwanderungsgesetz

München – Er hatte es ja geahnt: So ganz ohne geht es nicht. Vor vier Monaten hat Jost Herrmann sein Amt als Asylkoordinator abgegeben und war in seinen ursprünglichen Beruf zurückgekehrt. Seitdem arbeitet er als Pfarrer in Schongau. Aber schon bei seinem Abschied kündigte er an, dass er bei der Organisation der Asylgipfel weiterhin helfen wolle.

Und der Asylgipfel, der an diesem Mittwoch in München stattfindet, ist ein ganz besonderer: Zum ersten Mal kommen Helfer aus ganz Bayern zusammen, um ihre Erfahrungen auszutauschen und über aktuelle Probleme zu diskutieren. Bisher hatten sich die Asylorganisationen in ihren Regierungsbezirken getroffen. „Ich bin gespannt, ob dieser große Kreis einen ganz neuen Input bedeutet“, sagt Herrmann. Allerdings glaube er das eigentlich nicht, fügt er hinzu. „Ich vermute, dass die Probleme wohl überall in Bayern dieselben sind.“

Welche das sind, wird dieses Mal auch für ihn spannend. „Ich muss meinen Platz erst mal wieder finden und hören, was passiert ist“, sagt er. „Eine viermonatige Pause ist in der Asylpolitik eine lange Zeit.“ Er geht davon aus, dass das Thema Wohnungsnot nach wie vor Flüchtlinge in allen Landkreisen vor große Probleme stellt. „Vielleicht im Norden Bayerns etwas weniger als in den Ballungszentren.“

Die große Diskussion wird sich morgen um den gerade viel diskutierten Spurwechsel und ein Einwanderungsgesetz drehen. Jeder kann mitdiskutieren und Erfahrungen einbringen. „Wir werden alles dokumentieren und im Nachhinein zusammenfassen.“ Grundsätzlich sei das Ziel, die Ergebnisse auch an die Politik weiterzugeben, erklärt Herrmann. Allerdings mache das vor der Wahl kaum Sinn. „Durch die Wahl können sich viele Posten ändern.“ Dazu komme, dass die Asylhelfer schon seit Monaten bei Bayerns Politikern kaum Gehör finden, betont Herrmann. „Wir alle hoffen, dass eine neue Regierung nach der Wahl gesprächsbereiter ist und wir unsere Erfahrungen aus der Praxis mehr einbringen können.“ Und natürlich hofft Herrmann auch, dass ein gesamtbayerischer Asylgipfel mehr Gewicht hat als Treffen in den einzelnen Regierungsbezirken.

Eingeladen sind in die Benediktinerabtei St. Bonifaz in München nicht nur Asylhelfer, sondern auch zwei Referenten: der Soziologe Stephan Lessenich, der sich besonders mit der Entwicklung in Dritte-Welt-Ländern befasst hat, sowie der Ökonom Michael Simon. „Er ist ein Arbeitgeber, der viele Flüchtlinge eingestellt hat – auch das interessiert uns natürlich sehr“, sagt Herrmann. Die Helfer wollen wissen, wo es bei der Beschäftigung von Asylbewerbern Probleme gibt. Auch im Hinblick auf das in Bayern besonders strikt praktizierte Arbeitsverbot, das fast bei jedem Helfertreffen Thema ist.

Jost Herrmann und die anderen Organisatoren des Gipfels rechnen mit etwa 130 Teilnehmern. Beim letzten oberbayerischen Treffen waren es sogar 180. „Aber die Anzahl ist uns nicht so wichtig“, sagt der Schongauer Pfarrer. „Es geht uns vor allem darum, ein breites Spektrum von Erfahrungen aus allen Regionen Bayerns zusammenzubringen.“ KATRIN WOITSCH

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