Benediktbeuern – Christian S. mochte die Benediktenwand sehr. Schon einmal hatte der Regensburger den 1801 Meter hohen Bergrücken im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen bestiegen. Vor dem Wintereinbruch wollte er noch einmal hinauf: Die erste Tour hatte ihm so gut gefallen. Eine fatale Entscheidung. Mitglieder der Bergwacht Benediktbeuern fanden gestern um kurz nach 11 Uhr die Leiche des 23-Jährigen unterhalb der Nordwand.
Unzählige Kletterrouten vom zweiten bis zum achten Schwierigkeitsgrad gibt es dort. Dass Christian S. eine davon durchsteigen wollte, scheint undenkbar: Laut Vermisstenanzeige trug er Riemensandalen, Jogginghose und T-Shirt, als er zu der Bergtour aufbrach. Als Gepäck soll er nur eine Jutetasche bei sich gehabt haben. Was genau geschah – die Polizei weiß es noch nicht, die Kripo Weilheim hat die Ermittlungen aufgenommen. Nur eines steht fest: „Er ist offenbar abgestürzt“, sagt Steffen Wiedemann, Chef der Polizeistation Kochel am See und Einsatzleiter der groß angelegten Suchaktion.
Bis zu 150 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Bergwacht haben Wiedemann zufolge am Dienstag und Mittwoch die Gegend rund um die Benediktenwand durchkämmt. „Vor Ort waren außerdem 25 Suchhunde der Polizei und von Rettungshundestaffeln aus dem gesamten südbayerischen Raum“, sagt der Polizeihauptkommissar. Ein Hubschrauber war ebenfalls im Einsatz. Unterstützung hatten die überwiegend ehrenamtlichen Rettungskräfte auch von freiwilligen Helfern aus der Bevölkerung bekommen. „Wir sind begeistert von dem Engagement und der Hilfsbereitschaft der Menschen“, sagt Wiedemann. „Das war nicht das erste Mal und ist ein Zeichen für den guten Zusammenhalt in der Region.“
Trotz aller Bemühungen: Der erste Tag der Suchaktion verlief ergebnislos. Nach achteinhalb Stunden brachen die Rettungskräfte die Suche mit Beginn der Dunkelheit um 17.30 Uhr ab. Gestern um 9 Uhr ging es weiter. Rund zwei Stunden später die traurige Nachricht: Mitglieder der Bergwacht Benediktbeuern fanden den leblosen Körper in 1400 Metern Höhe. Sie konnten nichts mehr für ihn tun, sagt Wiedemann. „Er war bereits tot.“
Mit dem Hubschrauber wurde die Leiche aus dem unwegsamen Gelände geborgen. Zeitgleich überbrachten Rettungskräfte die Nachricht vom Tod des erst 23-Jährigen. Angehörige und Freunde waren extra nach Benediktbeuern gereist, konnten vermutlich nicht untätig in der Oberpfalz bleiben, während Christian S. in Oberbayern als verschollen galt. Seine Familie hatte Christian S. am Samstag als vermisst gemeldet.
Zuletzt wurde er am vergangenen Donnerstag in seiner Heimat Regensburg gesehen. Die Polizei geht davon aus, dass er an diesem Tag in einen Zug in Richtung Berge gestiegen ist – nicht ahnend, dass es seine letzte Reise werden sollte.