Ein einsamer Tod im Walchensee

von Redaktion

Tief, dunkel, kalt: Der Walchensee ist eine Herausforderung für Taucher, immer wieder kommt es zu Unfällen. Am Samstag starb ein Münchner (56), der in 70 Metern Tiefe allein unterwegs war. Ein Tauchprofi erklärt die Tücken des Sees auch mit einer psychologischen Komponente.

VON TOBIAS GMACH

Walchensee – Für eine Rettung war es schon zu spät: Am Samstagmittag entdeckte ein Stand-Up-Paddler in der Sachenbacher Bucht des Walchensees (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) einen leblosen Menschen. Nachdem die Wasserwacht den Tauchcomputer des Manns untersucht hatte, war klar: Der 56-jährige Münchner war bereits am Morgen um 7.25 Uhr in über 70 Metern Tiefe getaucht und etwa eine halbe Stunde später wieder an die Wasseroberfläche gekommen. Was dazwischen passierte und zu seinem Tod führte, will nun die Kripo Weilheim ermitteln. Stutzig machte die Retter, dass der nach Polizeiangaben „erfahrene Taucher“ ohne Partner unterwegs war. Der einzige war er laut Lisa Grünwald von der Wasserwacht nicht: „Komisch, dass keiner der vielen Taucher was festgestellt hat“, sagt sie.

Tauchunfälle ereignen sich in trauriger Regelmäßigkeit: Ein Münchner Tauchlehrer ertrank im August im Starnberger See an der Steilwand bei Allmannshausen, wo schon einen Monat vorher ein Mann aus Grünwald tödlich verunglückt war. Im Walchensee hatten im Jahr 2016 ein 34-jähriger Wiener und eine Frau aus dem Raum Frankfurt ihr Leben verloren. Und nun der Münchner.

Profi-Taucher Florian Huber aus Lenggries kennt die Tücken des Gewässers: „Der Walchensee ist einer der tiefsten in Deutschland. Man gelangt innerhalb von Minuten in enorme Tiefen – und dort lauern große Gefahren“, sagt der 43-Jährige. Die unwirtliche Umgebung wirke sich psychologisch auf die Taucher aus. „Ab 30 Meter ist es stockdunkel da unten und sehr kalt. Wenn dann noch ein Problem mit der Ausrüstung auftaucht oder man sich nicht gut fühlt, gerät man schnell in Panik.“ Huber vergleicht die Eigenheiten des Walchen- aber auch des Starnberger Sees mit dem Bergsteigen: „Bei Schnee und Nebel ist es eine ganz andere Herausforderung.“

Als Unterwasser-Archäologe taucht Huber nach versunkenen Schiffwracks in aller Welt. Sein Equipment hat er immer in zweifacher Ausführung dabei. Denn: „Eine Lampe kann kaputt gehen, ein Atemregler vereisen.“ Für ihn ist Tauchen ein sicherer Sport – wenn man sich nicht überschätzt, die Risiken und die Abläufe im eigenen Körper kennt. Vorsicht sei gerade beim Auftauchen geboten. Für 70 Meter müsse man sich bis zu zwei Stunden Zeit nehmen. „Je weiter an die Wasseroberfläche man kommt, umso längere Pausen muss man machen.“ Bei zu schnellem Auftauchen bildet Stickstoff Blässchen in der Blutbahn, was zu schweren Lungenschäden führen kann.

Ein sogenannter „Tiefenrausch“ ist bei dem hohen Druck unter Wasser immer möglich. „Man fühlt sich apathisch, orientierungslos und benommen wie nach fünf Bier“, sagt Huber. Auch deshalb rät er grundsätzlich dazu, zu zweit zu tauchen. Man könne sich gegenseitig Gas spenden. Und: „Wer alleine durch den Wald läuft, hat auch mehr Angst.“

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