Nordischer Käfer macht Waldbesitzern Sorgen

von Redaktion

Zum ersten Mal seit der Gründung schütten die Bayerischen Staatsforsten keinen Gewinn an das Finanzministerium aus. Mit dem Geld soll stattdessen die schwierige Lage am Holzmarkt überbrückt werden. Sorgen bereitet zudem ein gefräßiger Immigrant mit sechs Beinen.

VON DOMINIK GÖTTLER

München – Er ist kleiner als ein Fingernagel, aber gefräßig wie ein ganz Großer. Der Nordische Fichtenborkenkäfer, im Fachjargon „Ips duplicatus“, hat in Tschechien schon ganze Waldflächen zur Steppe gemacht. Wie bei seinem Verwandten, dem weitverbreiteten Buchdrucker, fressen sich seine Weibchen nach der freudigen Zusammenkunft in der sogenannten Rammelkammer durch die Baumstämme und sorgen damit für große Mengen an Schadholz. Das Problem an dem nordischen Ips: Er macht es sich nicht nur in der Fichte gemütlich, auch Kiefern und Lärchen sind vor ihm nicht sicher. Und peu à peu nagt und paart sich Ips der Zerstörer bis nach Bayern.

Die bayerische Forstverwaltung hat bereits ein Monitoring gestartet, um zu untersuchen, ob der Käfer über tschechisches Holz die Grenzkontrollen passiert hat. Das Problem: Selbst für Fachleute ist der Nordische kaum vom heimischen Borkenkäfer zu unterscheiden. „Das bereitet Waldbesitzern große Sorgen“, sagte Martin Neumeyer, Chef der Bayerischen Staatsforsten, gestern bei der Jahresbilanz von Deutschlands größtem Forstbetrieb.

Geprägt war das vergangene Geschäftsjahr (Juli 2017 bis Juni 2018) von Stürmen, Hitze und Trockenheit – optimale Bedingungen also für den Borkenkäfer. Doch Neumeyer betont: „Wir haben die Lage im Griff.“ Auch dank einer neuen App, mit der die Mitarbeiter der Staatsforsten schnell reagieren können, wenn der Borkenkäfer sich verbreitet. „Geschwindigkeit ist alles bei der Käfer-Bekämpfung.“

Käferholz lagern die Staatsforsten seit vergangenem Jahr im großen Stil in Nasslagern wie etwa in Höhenkirchen (Kreis München). Bereits jetzt können bis zu 1,3 Millionen Kubikmeter Holz in solchen Lagern in ganz Bayern verstaut werden, bis 2020 sollen es zwei Millionen sein. Durch die Bewässerung werden die Käfer abgetötet – und das Holz kann gelagert werden, bis der Holzmarkt einen passablen Preis dafür hergibt.

Der Markt ist der nächste Faktor, der bei den Staatsforsten etwas die Stimmung drückt. Denn in Tschechien lief die Borkenkäfer-Bekämpfung weniger erfolgreich als in Bayern. Die Staatsforsten rechnen mit rund 20 Millionen Kubikmetern Schadholz, das von dort auf den Holzmarkt drängt – viermal so viel wie in den Staatsforsten im vergangenen Jahr geschlagen wurde (4,79 Millionen Kubikmeter). Dazu kommt Holz aus Österreich und den von Sturm Friederike geschädigten deutschen Bundesländern. „Dadurch stehen die Holzpreise dramatisch unter Druck“, sagt Neumeyer.

Deshalb kommt es in diesem Jahr zu einem Novum seit der Gründung der Bayerischen Staatsforsten als Anstalt des öffentlichen Rechts: Von dem erwirtschafteten Gewinn von 53 Millionen Euro wird erstmals kein Geld an den Freistaat überwiesen. Das beschloss der Aufsichtsrat, dem Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) vorsitzt. Abzüglich der Pensionsrückstellungen wäre ein Betrag von 20 Millionen Euro übrig geblieben. Doch dieses Geld bleibt nun bei den Staatsforsten, um in den kommenden Jahren die Liquidität zu sichern.

Zwei Jahre, damit rechnet Neumeyer, wird die Flaute am Holzmarkt noch andauern. Danach sollte das Gröbste überstanden sein. „Holz ist bereits heute ein stark nachgefragtes Produkt etwa für den Haus- und Wohnungsbau und die Nachfrage wird in Zukunft noch steigen.“ Bis dahin wollen sich die Staatsforsten beim Einschlag weiter zurückhalten.

Der Markt ist das eine. Der Ips das andere. Um in Zukunft noch besser gegen die Kapriolen des Klimawandels und den Borkenkäfer gerüstet zu sein, soll der Waldumbau weiter vorangetrieben werden. Weg vom reinen Fichtenbestand, hin zum robusten Mischwald mit mindestens vier Baumsorten. In zwölf Jahren soll das im gesamten Staatswald geschafft sein. Gut 90 000 Hektar fehlen noch.

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