Halbzeit für den Herbst

von Redaktion

Folgt auf den Jahrhundertsommer nun ein Jahrhundertherbst? Zweistellige Temperaturen und so gut wie keine Niederschläge sind tatsächlich ungewöhnlich – und für die bayerischen Gewässer höchst problematisch.

VON MARION NEUMANN

München – Zu trocken: So beurteilt Guido Wolz, Diplommeteorologe beim Deutschen Wetterdienst, bisher den Herbst in Bayern. Richtig geregnet hat es im Freistaat in einigen Regionen schon seit mehreren Wochen nicht mehr. „In München fiel zuletzt am 1. Oktober etwas mehr Regen“, sagt er. „In Würzburg beispielsweise wurden Anfang des Monats zum letzten Mal Niederschläge verzeichnet – und auch die waren nur sehr gering.“

Nicht nur der fehlende Regen ist bemerkenswert. Auch die Temperaturen waren bislang für Oktober ungewohnt hoch. Wie Wolz erklärt, liegen die Durchschnittswerte der Jahre 1961 bis 1990 für den Monat im Oktober für ganz Bayern im Mittel bei 8,1 Grad. In diesem Jahr liegen die Temperaturen im Mittel bei plus 3,5 Grad über diesem Wert. „Das ist schon ungewöhnlich. Wir hatten bislang fast spätsommerliche Temperaturen“, sagt er.

Der September und die ersten Oktoberwochen luden dazu ein, das schöne Wetter zu genießen. Doch der sonnige Altweibersommer hat auch negative Seiten, wie ein Blick auf die bayerischen Gewässer zeigt. Laut dem Niedrigwasser-Informationsdienst des Bayerischen Landesamts für Umwelt führt der trockene Herbst zu extrem niedrigen Wasserständen in Flüssen und Seen.

Auf der Donau hat das Niedrigwasser die Schifffahrt nun sogar weitgehend zum Erliegen gebracht. Laut dem Wasserwirtschaftsamt in Regensburg sind Fahrgastschiffe ebenso wie Güterschiffe betroffen. Die Fahrrinnentiefe an der Donau betrage zwischen 1,50 und 1,60 Meter. Es könnten daher nur noch Schiffe mit einem Tiefgang von bis 1,30 Meter fahren. Das entspreche bei Güterschiffen zumeist dem Leertiefgang.

Auch für das Grundwasser sind die bayernweit niedrigen Wasserstände problematisch. 70 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen zeigen niedrige Stände. „Im langjährigen Vergleich sind 2018 acht Monate in Folge zu trocken und sechs Monate aufeinanderfolgend zu warm ausgefallen“, heißt es in einem Bericht des Landesamts für Umwelt. Insbesondere in weiten Teilen Frankens sei seit über 20 Tagen kein nennenswerter Regen mehr gefallen.

Keine oder nur geringe Niederschläge und hohe Temperaturen: Nicht nur der Herbst zeigt sich bemerkenswert trocken. Nach Einschätzung von Meteorologen könnte das gesamte Jahr 2018 zu den fünf trockensten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1884 werden. Rekordwerte wurden zuvor im Jahr 1947 gemessen. Auch die Jahre 1921, 1976 und 1991 waren ungewöhnlich trocken.

Doch lässt sich nun bereits von einem Jahrhundertherbst sprechen? Guido Wolz jedenfalls hält nichts davon. „Der Herbst hat gerade einmal Halbzeit“, sagt er. „Man muss die Werte bis Ende November miteinbeziehen.“

Wie schnell sich diese Werte ändern könnten, zeigt laut Wolz die Vorhersage für die kommende Woche. „Wir müssen uns auf einen deutlichen Temperaturrückgang einstellen. Ab Mittwoch, vielleicht sogar schon ab Dienstag bringt eine nordwestliche Strömung Abkühlung“, so der Meteorologe. Es soll nicht nur kälter, sondern stürmisch werden – und auch Regen ist in Sicht. „Nicht mehr nur kleine Schauer, sondern großflächiger Regen, der an den Alpen wahrscheinlich auch einmal länger anhält und ergiebig sein kann“, sagt er. Im Bergland wird es schneien, so Wolz, wobei eine präzise Angabe der Schneefallgrenze noch nicht möglich sei.

Nach dem Wochenende könnte also Schluss sein mit dem goldenen Herbst. Oder, wie Guido Wolz es ausdrückt: „Dann normalisieren sich die Temperaturen.“

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