Donauwörth/München – Im Klinikum Donauwörth wird fieberhaft an der Aufarbeitung des Hepatitis-Skandals gearbeitet. Der infizierte Narkosearzt war an 693 Operationen beteiligt, alle Patienten wurden angeschrieben, damit sie sich auf das Virus testen lassen. Doch darüber hinaus müssen rund 8000 Protokolle ausgewertet werden, berichtet Klinikchef Jürgen Busse dem BR. Denn der Arzt könnte als Pausenvertretung an weiteren OPs beteiligt gewesen sein. Die betroffenen Patienten sollen bis Anfang nächster Woche per Post verständigt werden.
Völlig unklar ist nach wie vor, wie der Arzt die Patienten infizierte. Bekannt ist inzwischen zwar, dass er medikamentenabhängig war. Doch Hepatitis C wird nur über das Blut übertragen. Ob er die Patienten mit verunreinigten Spritzen angesteckt hat, ist bisher nicht bestätigt.
Christoph Spinner, Oberarzt für Infektiologie am Klinikum Rechts der Isar, erklärt, wie gefährlich Hepatitis C ist – und warum eigentlich niemand Angst haben muss, sich anzustecken.
Wie erkennt man, dass man sich mit Hepatitis C infiziert hat?
Nur bei etwa einem Viertel aller Fälle verursacht Hepatitis C Symptome. Die meisten Betroffenen bemerken gar nicht, dass sie infiziert sind. Anzeichen sind Müdigkeit, Gelbfärbung von Haut oder Augen, manchmal auch Gelenkschmerzen. Schwere Symptome gibt es selten.
Das klingt relativ harmlos. Wie gefährlich ist die Krankheit?
Die Krankheit verläuft zwar symptomarm, ist aber trotzdem nicht ungefährlich. Problematisch sind Folgeerkrankungen. Ein Fünftel aller Infizierten entwickelt eine Leberzirrhose – also eine Vernarbung des Lebergewebes. Das kann zum Leberfunktionsausfall führen, bis hin zum Leberkoma oder auch zu Leberzellenkrebs. Man muss die Infektion sehr ernst nehmen, sie kann tödlich enden.
Wie wird die Krankheit behandelt?
Die gute Nachricht ist: Hepatitis C ist heute sehr gut behandelbar. Die Ängste davor kommen aus einer Zeit, als nur jede zweite bis dritte Infektion geheilt werden konnte. Damals hat man Betroffene häufig über Wochen mit Interferon-Spritzen behandelt, die schlecht verträglich waren. Heute gibt es Tabletten-Therapien, die acht bis zwölf Wochen dauern und praktisch keine Nebenwirkungen haben. Die Heilungschancen liegen bei bis zu 99 Prozent. Diese Therapie kostet ungefähr 30 000 Euro – das übernehmen aber die Krankenkassen.
Kann der Mensch Antikörper aufbauen?
Ja, der Körper bindet Hepatitis-C-Antikörper, die man im Labor messen kann. Allerdings schützen sie weder vor einer erneuten Infektion, noch sind sie in der Lage, das Virus zu beseitigen. Nur etwa ein knappes Drittel der Betroffenen schafft es, die Infektion allein loszuwerden.
Wie infiziert man sich mit Hepatitis C?
Im Alltag muss man davor überhaupt keine Angst haben. Die Infektion kann im Wesentlichen ausschließlich über Blut erfolgen. Also über unsaubere Spritzen, unsauberes OP-Besteck oder unsaubere Tattoo-Nadeln. Über Bluttransfusionen ist eine Übertragung in Deutschland so gut wie ausgeschlossen, das Blut wird seit Jahren untersucht. Ein geringes Risiko der Infektion besteht beim Sexualverkehr.
Was kann dann im Fall des Narkosearztes in Donauwörth passiert sein?
Das kann ich nicht beurteilen, die Staatsanwaltschaft hat nicht bekannt gegeben, wie der Infektionsweg war. Ich kann nur sagen, dass im medizinischen Umfeld eine Infektion eigentlich ausgeschlossen ist. Bekannt sind in Donauwörth aber bisher nur fünf Fälle. Die anderen Patienten werden vorsorglich untersucht.
Interview: Katrin Woitsch