Bedingt einsatzbereit

von Redaktion

Führungskräfte der Feuerwehren in Oberbayern sehen die Tagesalarm-Sicherheit zunehmend gefährdet. Vor allem unter der Woche und vor 18 Uhr melden sich immer mehr Feuerwehren nur bedingt einsatzbereit.

VON BEATRICE OSSBERGER

München – Nach der Alarmierung tickt die Uhr. In spätestens zehn Minuten müssen Bayerns Feuerwehrleute am Einsatzort sein. So schreibt es das Gesetz vor. Doch die Einhaltung der Hilfsfrist gestaltet sich zunehmend zum Problem, vor allem im ländlichen Raum und in kleineren Gemeinden.

„Besonders schlimm ist es werktags vor 18 Uhr“, sagt Johann Eitzenberger, Kreisbrandrat von Garmisch-Partenkirchen und Vorsitzender des Bezirksfeuerwehrverbands Oberbayern. „Da bekommen mancherorts die Kommandanten kaum mehr das Personal zusammen, um überhaupt ausrücken zu können.“ Die Tagesalarm-Sicherheit, wie das im Fachjargon heißt, ist nicht mehr gegeben. Die Folge ist, dass Menschen sehr viel länger auf die Retter warten müssen. Wie brisant die Situation ist, zeigte sich bei der Herbstversammlung der Führungskräfte der Feuerwehren in Oberbayern, die am Wochenende in Ingolstadt stattgefunden hat. Kein anderes Thema sorgte für mehr Diskussionen – und mehr Besorgnis. „Die Tagesalarm-Sicherheit in Oberbayern hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur ein bisschen, sondern eindeutig verschlechtert“, konstatiert Eitzenberger. Was, und das betont der Kreisbrandrat in einem Atemzug, jedoch nicht an einer allgemeinen Personalnot liege. Die rund 1300 Freiwilligen Feuerwehren in Oberbayern haben laut Eitzenberger sogar Mitglieder gewonnen. Derzeitiger Stand: knapp 70 000 Aktive.

Von diesen steht aber nur ein kleiner Teil tagsüber zur Verfügung. „Die Arbeitswelt hat sich verändert“, sagt Eitzenberger. „Es müssen sehr viel mehr Menschen sehr viel weiter zur Arbeit pendeln als früher. Bis die zum Feuerwehrhaus zurückgefahren sind, ist das Haus abgebrannt.“ Pendler fallen also oftmals aus, genauso wie Feuerwehrleute, die einen Beruf ausüben, bei dem sie nicht alles stehen und liegen lassen können. Maschinisten beispielsweise oder Ärzte.

Dazu kommt ein weiteres Problem. „Feuerwehrleute sehen sich zunehmend Repressionen von Seiten der Arbeitgeber ausgesetzt“, sagt Eitzenberger. „Die lassen die Leute nicht gehen, oder setzen sie unter Druck.“ Laut Gesetz müssen Feuerwehrleute im Einsatzfall von ihrem Arbeitgeber freigestellt werden. Eitzenberger schnaubt. „Das interessiert dann halt nicht.“

Wobei der Kreisbrandrat für Arbeitgeber auch Verständnis hat, vor allem in Bezug auf die steigende Anzahl von Fehlalarmen. 27 000 waren es im vergangenen Jahr in Bayern. „Diese Entwicklung ist der Motivation, Mitarbeiter freizustellen, nicht gerade zuträglich“, sagt Eitzenberger. Das gilt auch für die Aktiven selbst, die durch die Einsätze unnötig belastet werden. Und deshalb manchmal gar nicht mehr erst zum Feuerwehrhaus fahren.

Es sind viele Herausforderungen, denen sich die Freiwilligen Feuerwehren gegenüber sehen. Dementsprechend brauche es mehrere Maßnahmen, um die Tagesalarm-Sicherheit wieder zu verbessern, sagt Eitzenberger. Das gehe bei der Reduzierung der Fehlalarme los und ende bei Werbemaßnahmen der Gemeinden für ihre Feuerwehren. Am wichtigsten sei die gezielte Anwerbung neuer Mitglieder. „Es gilt, die Menschen, die vor Ort leben und arbeiten, für die Feuerwehr zu begeistern“, sagt er. „Wenn uns das gelingt, dann ist schon viel gewonnen.“

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