München/Günzburg – Es war für die bayerischen Genossen ein Erdbeben: Bei der Landtagswahl verlor die Partei 20 ihrer zuvor 42 Sitze. Groß ist deshalb die Angst vieler Genossen vor künftigen Wahldesastern. Bereits im Mai 2019 stehen Europawahlen an. Derzeit sitzen drei bayerische SPD-Abgeordnete im EU-Parlament. Und so soll es aus Sicht der Parteispitze auch bleiben. Welche bayerischen Abgeordneten am Ende tatsächlich Chancen haben, ins Parlament einzuziehen, ist noch unklar. Denn die Landesverbände der Parteien nominieren nur ihre Favoriten. Die tatsächlichen Kandidaten der SPD stellt dann ein Bundesparteitag auf – wie bei den meisten anderen Parteien gilt dabei bei der SPD eine Art inoffizieller regionaler Proporz. „Wir sind optimistisch, dass wir auch weiterhin drei bayerische Abgeordnete stellen werden“, sagt Maria Noichl, Europaabgeordnete aus Rosenheim.
Auf der Landesliste, die als Empfehlung für den Bundesparteitag gilt, wird sie selbst wieder an erster Stelle stehen. Bei einem kleinen SPD-Parteitag am Wochenende in Günzburg wählten die knapp 90 Delegierten zudem den Amberger EU-Abgeordneten Ismail Ertug auf Platz zwei. Die Schweinfurterin Kerstin Westphal muss als Dritte auf der Liste um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Sie war vom Landesvorstand eigentlich als bayerische Spitzenkandidatin vorgesehen, verlor die Kampfabstimmung um Platz eins aber deutlich gegen Noichl.
„Drei bayerische Abgeordnete sind unser Ziel“, so Noichl. Dafür müsse die SPD bundesweit etwa 17 bis 19 Prozent der Stimmen erzielen, sagt sie. 2014 bei der letzten Europawahl kamen die Genossen landesweit auf 27,3 Prozent – damals war die SPD jedoch in einem besseren Zustand und der damalige Spitzenkandidat Martin Schulz hatte den Stimmenanteil deutlich steigern können.
Optimistischer blickt man dagegen unter den CSU-Europaabgeordneten auf die Europawahlen. „Selbst wenn wir wie bei der Landtagswahl nur auf 37 Prozent kämen, würden auch weiterhin fünf Christsoziale im Parlament sitzen“, sagt der schwäbische Abgeordnete Markus Ferber. Sein CSU-Bezirk schickt ihn ins Rennen.
Die Partei will die Liste ihrer Kandidaten am 24. November nominieren. Ferber zufolge wollen neben ihm auch die Abgeordneten Monika Hohlmeier, Angela Niebler (Kreis Ebersberg) und der Niederbayer Manfred Weber wieder kandidieren. Letzterer bewirbt sich am 8. November sogar als Spitzenkandidat der EVP-Fraktion im EU-Parlament. Nicht mehr als Abgeordneter antreten wird dagegen Albert Deß – welcher Christsoziale stattdessen auf einen aussichtsreichen Listenplatz hoffen kann, ist offenbar noch nicht klar.
Für die Grünen im Freistaat sitzt bislang die Menschenrechtlerin Barbara Lochbihler im EU-Parlament. Diesmal sollen jedoch andere Mitglieder der Ökopartei den Sprung nach Brüssel schaffen. Vergangenes Wochenende nominierte die Partei den Freisinger Kreisvorsitzenden Reinhard von Wittken (30) sowie die Münchnerin Henrike Hahn als Topbewerber aus Bayern. Vom 9. bis 11. November stellen die Grünen dann im Rahmen der Bundesdelegiertenkonferenz die Bundesliste für die Europawahl auf. „Wir hoffen auf den Einzug von zwei statt einem Abgeordneten“, sagt Bayerns Grünen-Chef Eike Hallitzky.
Für die bayerische FDP sitzt aktuell Nadja Hirsch im EU-Parlament. Möglicherweise droht ihr jedoch eine Kampfkandidatur.
Die Freien Wähler schicken auf der Bundesliste erneut die Allgäuer Europaabgeordnete Ulrike Müller als Spitzenkandidatin ins Rennen. FW-Vize Michael Piazolo hofft, dass darüber hinaus ein bis zwei weitere FW-Politiker aus anderen Bundesländern den Einzug nach Brüssel schaffen. Die AfD macht sich Parteivertretern zufolge Hoffnung auf zwei Mandate für bayerische Funktionäre. „Am 3. November stellen sich die Kandidaten vor“, sagt der Landtagsabgeordnete Franz Bergmüller. Wer aber später beim Bundesparteitag das Rennen macht, ist laut Aussage mehrerer Mandatsträger jedoch noch relativ offen.