Die Nachwuchshoffnung der SPD fordert ehrliche Fehleranalyse

von Redaktion

Starnberg – Die Umfragewerte der SPD sind im Keller. Enttäuscht wenden sich deutsche Wähler von den Sozialdemokraten ab. Zeit, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Juso-Chef Kevin Kühnert (29) ist so etwas wie die letzte Hoffnung der SPD – sein Aufeinandertreffen mit einem der großen Alten in der SPD, dem 79-jährigen ehemaligen PEN-Präsidenten und Publizisten Johano Strasser, zum Thema „Zukunft! Die Antwort der Sozialdemokratie“ zog am Samstag immerhin gut 200 Zuhörer in die Starnberger Schlossberghalle.

Die SPD-Kreisvorsitzende im Landkreis Starnberg, Sissi Fuchsenberger, hatte die charismatischen Redner als „Kämpfer“ angekündigt – und in der Tat steckt noch etwas Kampfgeist in der Sozialdemokratie. Mit Kritik hielten sich beide jedenfalls nicht zurück. Kühnert kritisierte offen die GroKo und fordert eine „ehrliche Analyse“ der Fehler, die in der Partei gemacht worden sind. Strasser forderte die Mitglieder auf: „Macht Rabatz“. Einfache Antworten darauf, wie die SPD sich profilieren kann, hatten beide nicht parat. Vielleicht, weil es eben keine einfachen Antworten gibt. Die Arbeiterpartei, mit der Strasser groß wurde, muss heute eine breite Wählerschaft in allen Gesellschaftsschichten bedienen. „Eine Botschaft reicht nicht“, betonte Kühnert. Und in Zeiten der Globalisierung reiche der sozialdemokratische Auftrag weit über die Landesgrenzen hinaus, befand Strasser und forderte ein europaweites Sozialsystem. Denn das Wirtschaftswunder Deutschland floriere auf Kosten anderer. Auf Kosten Griechenlands und Italiens, die mit den übergesetzten Flüchtlingen alleingelassen worden seien und die der Exportweltmeister mit Waren flute. Auf Kosten deutscher Arbeitnehmer, deren Gehälter „systematisch gedrückt werden“, ergänzte Kühnert.

Die Gewinner? Großkonzerne, herrschte bei den Rednern Einigkeit. 50 Lebensjahre trennt die Gesprächspartner. Kein Wunder, dass auch ihre Aussagen zum Thema Digitalisierung unterschiedlich ausfielen. Während Kühnert auch den „Flugtaxis“ etwas abgewinnen konnte, sah Strasser die Vorteile digitaler Technik vielmehr beim Einsatz in der Produktion, die damit weniger Energie verbrauche. Eine Steuer auf die damit generierten Mehrgewinne solle den Menschen zugute kommen, deren Jobs Maschinen und Computer übernehmen. Kurz: Mehr Staat im Markt nach Schröders „Kniefall vor dem Neo-Liberalismus“.

Aber auch Zukunftsthemen müssten von der SPD als neue „ökologisch-wirtschaftliche Partei“ vermittelt werden, meinte Strasser. Aber nicht von den üblichen Kandidaten, die die Demontage des Sozialsystems von Schröder mitgetragen hätten, warf da Kühnert ein. „Sie können das nicht glaubwürdig vertreten“, kritisierte der Jungsozialdemokrat kämpferisch. MICHÈLE KIRNER

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