Wessobrunn – Der alte Herd wird nun für die Rohstoffvorbereitung genutzt. Im alten Backofen werden Kräuter getrocknet. Und im ehemaligen Speisesaal, wo einst 80 Schwestern gegessen haben, ist nun der Versand untergebracht. Von dort aus gehen „Sheabutter Cream“ oder „Wild Utah After Shave“ um die Welt. Im tausend Jahre alten Kloster Wessobrunn (Kreis Weilheim-Schongau) wird heute Naturkosmetik verkauft, verpackt und bald auch produziert. „Die Produktion kommt ins ehemalige Schwimmbad“, sagt Martina Gebhardt. Sie hat den größten Teil des Gebäudes für ihre Naturkosmetik-Firma gekauft.
Wessobrunn ist nur ein Beispiel, was aus alten Klöstern wird, die aufgegeben werden, weil die Brüder oder Schwestern zu alt und zu wenige geworden sind. So war es auch bei den Missions-Benediktinerinnen von Tutzing (Kreis Starnberg), die einst in dem Wessobrunner Gebäude lebten. „Es hätte uns nicht gefallen, wenn ein Nobelhotel draus gemacht wird“, heißt es aus Tutzing. Mit dem Verkauf an Gebhardt sind die Benediktinerinnen zufrieden: „Das ist sehr in unserem Sinne, wir sind sehr dankbar.“ Auch der Wessobrunner Bürgermeister Helmut Dinter ist zufrieden. Die Gemeinde habe Befürchtungen gehabt, als feststand, dass es zu einem Verkauf kommen würde. Es gab viele Interessenten – „auch Scharlatane“.
„Es war wichtig, dass die Schwestern nicht an irgendwen verkaufen, sondern dass es zum Ort, zur Gemeinde passt“, sagt Dinter. Die Pfarrei ist heute Zweitnutzer, das Standesamt ist auch im Gebäude untergebracht. Ein bisschen trauert der Bürgermeister noch der Idee nach, wieder eine Wessobrunner Schule dort einzurichten, wo einst berühmte Stuckateure wirkten. Eine Akademie für seltene Bauberufe schwebte der Gemeinde vor. Das wollte aber der Freistaat nicht.
Martina Gebhardt, die studierte Architektin ist, öffnet ihr Kloster nun für Konzerte, auch Workshops sollen angeboten werden und Übernachtungen für Seminare. Eine alte Apotheke hat sie eingerichtet, die Geschichte der eingemauerten Nonne Diemut soll erzählt werden. „Die Sicherung des Kulturgutes, das ist meine Verantwortung, dafür geben wir das meiste Geld aus.“ Dabei gibt die Unternehmerin zu: „Nicht in meinen wildesten Träumen habe ich mir vorgestellt, dass ich diese Verantwortung übernehme.“ Doch als sie davon hörte, dass das Kloster zum Verkauf stand, habe sie nicht lange gezögert.
„Der Trend zu Privatpersonen ist da“, sagt Ralf Olbrück. Seit 30 Jahren kümmert sich der Geschäftsführer der Vermögensberatung und -verwaltung Pro Secur um die Vermarktung von Klöstern und Ordensgebäuden. Jede Lösung sei ganz individuell, sagt er. Viele Gebäude würden zu Mehrgenerationenhäusern, manche gehen an Stiftungen.
Das Kloster Altenhohenau in Griesstätt (Kreis Rosenheim) wurde quasi aufgeteilt: Die Kirche ging an eine Stiftung, das Kloster und eine Schule an einen Privatinvestor, die Ländereien an einen Träger von Behindertenarbeit. „Das war ein schwerer Fall“, erinnert sich Olbrück. Dreieinhalb Jahre hat es gedauert, bis alles verkauft war, mindestens zwei braucht es ihm zufolge immer.
Zehn bis 15 Klöster pro Jahr bringt Olbrück europaweit an den Mann oder die Frau. Manche für 350 000 Euro, andere für zehn Millionen. Manchmal wollen die Orden den Verkauf auch um jeden Preis verhindern. Wie im Fall von Altomünster (Kreis Dachau), wo eine letzte Ordensanwärterin erst nach einem Rechtsstreit auszog. Oder Reutberg im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen, wo die Schließung schon feststeht.
Wenn es zum Verkauf kommen soll, prüft Pro Secur jeden ernsthaften Investor auf „katholische Kriterien“, darunter fällt: keine Bordelle, keine Verarbeitung von Schusswaffen oder -pulver. Einmal wollte man Olbrück reinlegen: „Fachpersonal aus Osteuropa für Altenpflege“ wollte angeblich ein Kloster für Sprachkurse nutzen. Die fachliche Erfahrung der Interessenten lag aber eher im horizontalen Bereich. Das „Eventhaus mit Darkroom“ konnte verhindert werden.
Martina Gebhardt hingegen sieht sich mit ihrer Naturkosmetik und den neuangelegten Gärten in einer Tradition. „Die Kosmetik kam letztlich aus den Klöstern.“