„Ein hochbarockes Kloster wird keine Disco“

von Redaktion

INTERVIEW Immer mehr Klöstern droht der Verfall – doch es gibt Rezepte dagegen

Kommende Woche treffen sich auf Einladung des Landesamts für Denkmalpflege und der Kirchen diverse Experten im Kloster Fürstenfeld zu einem Symposium, um über Zukunftsperspektiven für Klöster und Kirchenbauten in Bayern zu diskutieren. Andreas Hild, Professor am Lehrstuhl für Entwerfen, Umbau und Denkmalpflege an der TU München, warnt, das Klöstersterben als reines Problem der Kirchen zu sehen.

Mönchs- und Nonnen-Orden fehlt der Nachwuchs. Droht zahlreichen bayerischen Klöstern der Verfall?

Nicht nur Klöstern, auch anderen historischen Gebäuden wie Kirchen droht der Verfall. Klöster sind jedoch durch den deutlichen Mitgliederrückgang der Orden besonders betroffen. Das ist sehr schade, da ein großer Teil der bayerischen Kulturgeschichte von den hiesigen Klöstern ausging. Ob am Ende die meisten oder nur ein kleiner Teil von ihnen verfällt, lässt sich aber kaum voraussehen. Das kommt darauf an, was die Gesellschaft dagegen unternimmt.

Sind neben den Kirchen auch Land und Kommunen gefragt, Nutzungsmöglichkeiten zu finden?

Das ist nicht allein die Sache der Kirchen. Denn am Ende betrifft der Schaden, wenn diese kulturell und landschaftlich oft wertvollen Gebäude einfach verfallen, ja alle. Klar ist: Wenn man das Thema nur unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Verwertung betrachtet, sieht es für viele Klöster schlecht aus. Wenn es allen Beteiligten aber um den Erhalt der Kultur und der Bausubstanz geht, stehen die Chancen für die Rettung der Klostergebäude gut. Denn es gibt ja durchaus Nutzungsmöglichkeiten.

Welche könnten das sein?

Ehemalige Klöster werden etwa als Museen, Schulen oder Tagungseinrichtung benutzt. Im Einzelfall sind auch Altersheime ein Weg – aber das ist schwierig, weil diese behindertengerecht sein müssen. Andere Nutzungen, etwa als Kliniken, gestalten sich aus baulichen Gründen noch schwieriger.

Klöster werden für Events oder Hochzeiten genutzt. Wenn ein Kloster zur Disco umfunktioniert wird, verändert das doch den Charakter des historischen Gebäudes?

Es ist ganz normal, dass ein Haus im Laufe seiner Geschichte seinen Charakter ändert – das war immer so.

Aber wo ist da die Grenze?

Warum brauche ich da überhaupt eine Grenze? Es geht ja darum, ein Gebäude zu erhalten. Aber klar ist: Ein hochbarockes Kloster wird keine Disco. Das geht schon aufgrund von Denkmalschutzfragen nicht. Und natürlich geht es auch um spirituelle Fragen. Aber warum sollte ich, wenn ich nicht will, dass das Gebäude am Ende leer steht und verfällt, überhaupt Nutzungsverbote aufstellen?

2015 sind die Salesianerinnen aus dem Kloster Oberroning (Kreis Landshut) ausgezogen. Sie sind dort als Planer miteinbezogen. Wie geht es weiter?

Bislang werden Teile des Klosters ja noch als Schule benutzt. Aber für deren Erweiterung braucht man ein neues Gebäude. Jetzt ist die Frage, ob man weiter eine Schule haben will, die sich innerhalb der Klosteranlagen befindet, was baulich möglich ist, oder eine Schule auf der grünen Wiese, deren Bau vielleicht vordergründig etwas billiger ist. Verlässt die Schule das Gebäude, könnte es eine Klosterruine werden.

Kann man mit alten Klöstern auch Geld verdienen?

Wenn in die Rechnung der kulturelle, ökologische und kunsthistorische Nutzen einfließt, ist die Nachnutzung von Klöstern oft wirtschaftlich positiv zu bewerten. Aber dazu müssten wir unsere Werterechnung ändern.

Wie steht es um Kirchen, die für Gottesdienste nicht mehr gebraucht werden?

Hier ist die Nachnutzung noch schwieriger als bei Klöstern. Da geht es noch mehr um die Spiritualität. Eine alte Kirche in Berlin ist heute eine Künstlergalerie. Manche werden als Versammlungsstätten genutzt, etwa von der jeweiligen Gemeinde, aber auch von anderen Religionen. Diese Nutzungen werden von Gläubigen und Kirchen nicht immer gern gesehen. Man muss Umbauten immer im Einzelfall betrachten. Klar ist: Man wird nicht alle kirchlichen Gebäude eins zu eins erhalten können. Interview: Tobias Lill

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