4 FRAGEN AN
Eigentlich arbeitet Günter Baumgartner, 61, in der IT-Branche, doch in seiner Freizeit forscht der Grafinger seit vier Jahren zur bayerischen Revolution. 2019 soll der erste von vier Bänden erscheinen. Gesamtumfang: 3000 bis 4000 Seiten.
Frech gefragt: Warum tun Sie sich so etwas an?
Weil es sonst keiner macht (lacht). Nein, Schmarrn, ich habe mich als Gewerkschaftsjugendlicher schon dafür interessiert und von meinem Großvater einiges gehört. Irgendwann bin ich dann mal über einen Artikel gestolpert und habe mich gefragt: Was war eigentlich bei uns los? Da habe ich ganz schnell festgestellt, dass es zwar über München ganz viel gibt, aber kaum etwas über die Gemeinden abseits der Landeshauptstadt in Bayern. Am Anfang habe ich erst einmal nur für mich gesammelt, bis dann die Leute gesagt haben: „Schreib es doch zusammen, dann haben alle was davon.“
Wie viel Arbeitszeit steckt da drin?
In der Woche bin ich fünf Tage jeweils sechs Stunden damit beschäftigt und das seit vier Jahren. Am Anfang ist es etwas gemächlicher losgegangen, bis dann klar war, dass ein Buch daraus werden soll. Dann musste ich ein bisserl Gas geben – es soll ja zum 100-Jährigen fertig werden.
Was sind die größten Schwierigkeiten, auf die Sie bei Ihrer Forschung stoßen?
Es gibt zwei große Probleme: überhaupt Material aus der Zeit zu bekommen sowie Material von Revolutionären und Gegenrevolutionären zu finden. Denn es gibt kaum einen Maurer oder Torfstecher, der Tagebuch geführt hat, das waren die Pfarrer und Lehrer, vielleicht noch der Bürgermeister. Dadurch hat man dann nur eine bestimmte Sicht der Dinge. Das muss ich von der Propaganda entkleiden und schauen, was tatsächlich passierte. Das versuche ich in Bibliotheken, Archiven und im Gespräch mit den Leuten aus den Dörfern.
Damals waren ja nicht nur Polit-Profis am Werk. Stoßen Sie auch mal auf kuriose Geschichten?
Ja, eine hat sich in einem kleineren Dorf in der Nähe von Hof zugetragen. Der Arbeiterrat hat die Bauern der umliegenden Dörfer immer etwas genötigt, ihre Lebensmittel abzugeben. Irgendwann haben die sich zusammengeschart, mit Mistgabeln und anderen Geräten bewaffnet und sind ins Dorf zu dem Rat ins Haus marschiert. Plötzlich sind sie wieder panisch nach draußen gestürmt und haben geschrien: „Der hat ein MG! Der hat ein MG!“ Tatsächlich hat der Rat nur Wurst gemacht und der Fleischwolf sah von vorne aus wie ein Maschinengewehr.
Interview: Thomas Benedikt