Augsburg – Er hatte sich seit den 90er-Jahren reihenweise an kleinen Kindern sexuell vergangen. Für den Missbrauch von rund 20 Buben wurde der Kinderarzt im März 2016 in Augsburg zu einer dreizehneinhalbjährigen Gefängnisstrafe, Sicherungsverwahrung und lebenslangem Berufsverbot verurteilt. Dem Bundesgerichtshof erschien dies zu hart. Die Karlsruher Richter meinten, dass der Angeklagte zumindest bei einem Teil der Taten wegen seiner Pädophilie vermindert schuldfähig gewesen sein könnte. Deswegen muss sich nun seit Montag eine andere Kammer des Augsburger Landgerichtes erneut mit dem Fall befassen.
Zu Beginn des Verfahrens wurden zunächst stundenlang die bisherigen Gerichtsbeschlüsse verlesen. Der 43 Jahre alte Kinderarzt sagte am ersten Verhandlungstag nicht aus, er hatte bereits im ersten Verfahren ein umfangreiches Geständnis abgelegt und den missbrauchten Kindern so eine Aussage vor Gericht erspart. Allerdings hatte er seine Taten mitunter auch mit Kameras aufgenommen und so selbst der Kripo belastende Beweismittel geliefert.
Die Verteidiger nutzen den ersten Verhandlungstag, um einen Befangenheitsantrag gegen den forensischen Psychiater zu stellen, der bereits am ersten Prozess beteiligt war. Die Richter haben über den Antrag noch nicht entschieden. Für das neue Verfahren hat die Kammer allerdings auch einen zweiten Sachverständigen bestellt und damit eine Forderung des BGH umgesetzt. Es sind nun 18 weitere Verhandlungstage geplant, das Urteil wird voraussichtlich am 29. Januar 2019 verkündet.
Der Mediziner hatte immer wieder in Augsburg und München Kinder auf der Straße oder einem Spielplatz angesprochen, ihnen Spielzeug versprochen und sie dann in nahe Gebäude geführt. In Kellern oder Tiefgaragen kam es dann zum Missbrauch. Die schwerwiegendste Tat beging der Mann im August 2014 im niedersächsischen Garbsen. Dort entführte er einen Fünfjährigen in seine Wohnung in Hannover. Er zwang das Kind, ein Narkosemittel einzunehmen, und verging sich an ihm. Dabei verletzte er den Fünfjährigen auch, nach zwei Stunden setzte der Mann das Kind irgendwo in der Stadt wieder aus.
Klar ist bereits zu Beginn des neuen Verfahrens, dass der deutsche Staatsbürger erneut zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Der BGH-Senat schloss ausdrücklich aus, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten vollständig aufgehoben war. Entscheidend für die Höhe der Strafe werden deswegen nun die neuen Gutachten über die Psyche des Angeklagten sein.