München – Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann hat den Schuldigen schon ausgemacht: Ministerpräsident Markus Söder habe „wichtige Regelungen der Landesplanung aufgeweicht“ und die „ungebremste Ausweisung von Gewerbegebieten überall im Land vorangetrieben“, schäumt Hartmann angesichts der neuen Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik.
Eine Auswertung des Liegenschafts-Katasters ergab, dass mit 847 597 Hektar nunmehr 12,0 Prozent der Fläche Bayerns als Siedlungs- und Verkehrsfläche genutzt wird. Siedlungs- und Verkehrsfläche heißt: Wohnbau, Straßen und Gewerbeflächen inklusive Grün- und Freiflächen wie Rasen oder Stellplätzen, die diese Bauten umgeben. Im Schnitt wurden täglich 11,7 Hektar, also fast 17 Fußballfelder, neu bebaut. Im Vorjahr 2016 waren es im Schnitt 9,8 Hektar – 14 Fußballfelder. Die Zunahme von 4266 Hektar in nur einem Jahr entspricht über 6000 Fußballplätzen mit dem Standardmaß 70 mal 100 Meter. Plastisch wird die Zahl für Gesamt-Bayern auch, wenn man bedenkt, dass der Flächenverbrauch in nur einem Jahr fast der Fläche des Ammersees entspricht.
In der neuen Landesregierung fällt der Flächenverbrauch in das Ressort von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW), der auch für die Landesentwicklung zuständig ist. Im neuen Koalitionsvertrag sind fünf Hektar Flächenverbrauch täglich – also nicht einmal halb so viel wie heute – als „Zielmarke“ genannt. „Dies wollen und können wir aber nicht vor allem durch starre Gesetzesvorgaben erreichen“, sagt der Minister. Er kündigte aber an, „auf allen Ebenen“ den Flächenverbrauch mitzubedenken und nennt auch ein Beispiel: Statt „flächenfressende Umgehungen“ zu bauen, müsse „auch in die Tiefe“ gebohrt werden.
Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann mahnt indes genauso wie gestern der Bund Naturschutz eine verpflichtende Obergrenze an. „Wenn sich das nicht deutlich ändert, kommt’s zu einem neuen Volksbegehren.“ Ein erster Versuch war im Juli vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof untersagt worden – unter anderem, weil die Initiatoren nicht konkret genug erklärt hatten, wie die Obergrenze von fünf Hektar pro Tag erreicht werden könne. Bei einem neuen Anlauf könnte Hartmann wohl auch auf den ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Josef Göppel zählen, der kurz nach der Wahl einen neuen, präziseren Vorschlag präsentiert hatte (wir berichteten).