Das Gerangel um den Buß- und Bettag

von Redaktion

Kinder haben heute schulfrei, für ihre Eltern und Lehrer ist der Buß- und Bettag ein normaler Arbeitstag. Während Eltern Jahr für Jahr die Betreuung ihrer Kinder organisieren müssen, hofft die evangelische Kirche darauf, den früheren Feiertag zurückzubekommen.

VON ELENA SIEGL

München – Sich besinnen und im Leben neu orientieren, heißt es heute für evangelische Christen. Allerdings haben nur Schüler am Buß- und Bettag frei. Für alle anderen ist heute ein normaler Arbeitstag. „Wir wissen, dass der Buß- und Bettag für Eltern oft Stress bedeutet. Dass nur Schüler freihaben, ist kein Idealzustand“, sagt Johannes Minkus, Sprecher des Landeskirchenamts in München. Die evangelische Kirche setzt sich dafür ein, dass der Buß- und Bettag wieder ein gesetzlicher Feiertag wird und zukünftig alle freihaben. Dazu seien sie regelmäßig im Gespräch mit Politikern.

Der Buß- und Bettag sei nach wie vor von großer Bedeutung, sagt Minkus. „Als Unterbrechung des Alltags, um sich zu besinnen, zu überlegen, was gut läuft und was verändert werden muss.“ Es gehe nicht nur um individuelles Umdenken, sondern darum, als Gesellschaft über wichtige Themen zu reden.

Bis 1995 war der Buß- und Bettag gesetzlicher Feiertag in ganz Deutschland, wurde dann aber als Beitrag zur Finanzierung der Pflegeversicherung abgeschafft. Heute ist er nur noch in Sachsen arbeitsfrei. In Bayern ist der Buß- und Bettag ein gesetzlich geschützter Feiertag. Das heißt, gläubigen Arbeitnehmern steht grundsätzlich das Recht zu, am Buß- und Bettag von der Arbeit fernzubleiben. Bei Lehrkräften besteht aber eine Besonderheit: Falls bekenntniszugehörige Lehrkräfte dem Unterricht fernbleiben, um den Buß- und Bettag als religiösen Tag begehen zu können, kann kein Unterricht stattfinden. Um Lehrer nicht anders als andere Bürger zu behandeln, entfällt der Unterricht an den Schulen, die Lehrer haben aber nicht dienstfrei, erklärt eine Sprecherin des Kultusministeriums. Lehrer nutzen den Tag für Fortbildungen.

„Viele glauben, wir würden uns einen schönen, freien Tag in den Bergen machen, das stimmt aber nicht“, sagt Simone Fleischmann vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband. Stattdessen kommen heute zum Beispiel hunderte Pädagogen beim Oberbayerischen Lehrertag in Fürstenfeldbruck zusammen. Außerdem gibt es an vielen Schulen hausinterne Fortbildungen. Fleischmann weiß zum Beispiel von einer Schule, in der sich die Lehrer dem Thema Leistung widmen, andere sprechen über Digitalisierungskonzepte oder Lehrergesundheit.

Dass der freie Schultag arbeitende Eltern vor Probleme stellt, sei den Lehrern und Schulleitern bewusst. „Je nach Bedarf werden von den Schulen am Buß- und Bettag Betreuungen angeboten. Das ist dezentral oft gut gelöst“, sagt Fleischmann. Außerdem bieten zahlreiche evangelische Kirchengemeinden Kinderbibeltage an.

Viele Eltern organisieren bereits im Vorfeld auch andere Betreuungsmöglichkeiten. „Nachbarn passen auf, Omas und Opas freuen sich, den Tag mit ihren Enkeln zu verbringen“, meint Fleischmann. Falls niemand auf die Kinder aufpassen kann, solle man sich bei der Schule melden, rät die ehemalige Schulleiterin. „Zusammen werden Lösungen gefunden.“ Ein Anspruch auf Betreuung durch die Schulen besteht jedoch nicht, heißt es beim Kultusministerium.

Dass nur Schüler freihaben, sieht Henrike Paede vom Elternverband kritisch. Vor allem für Familien, die keine Verwandten in der Gegend haben, sei es schwierig. Heuer seien bei ihr aber keine Klagen eingegangen. „Die Eltern haben sich daran gewöhnt, dass sie am Buß- und Bettag etwas organisieren müssen. Schließlich gilt die Regelung seit mehreren Jahren.“

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