München/Berlin – Für die umstrittene Kastration von Ferkeln sollen Bauern in Deutschland künftig das Narkosemittel Isofluran nutzen können. Die nun erfolgte Zulassung durch das zuständige Bundesamt sei ein „wichtiger Schritt“, um der Anforderung der Schmerzausschaltung nachzukommen, sagte Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU). Damit stehe eine Option zur Verfügung, für deren Anwendung sie „zeitnah“ die notwendige Verordnung vorlegen wolle. Isofluran ist ein Inhalations-Narkotikum, das geschulte Landwirte mit einem Sachkundenachweis künftig selbst anwenden dürfen.
Hintergrund ist, dass die große Koalition das zum 1. Januar 2019 greifende Verbot der betäubungslosen Kastration von Ferkeln um zwei Jahre verschieben will. Angesichts einer schon fünf Jahre laufenden Übergangsfrist steht sie bei Tierschützern in der Kritik. Der Bauernverband hatte dringend dafür geworben und darauf verwiesen, dass es derzeit keine praktikablen Alternativverfahren gebe. Der Verband setzt sich dafür ein, dass neben der Vollnarkose, der Ebermast und der Immunokastration künftig auch der sogenannte vierte Weg zugelassen wird. Dabei dürften die Bauern weiter selbst kastrieren, nachdem sie eine örtliche Betäubung gesetzt haben. Ob die Methode aber tatsächlich „schmerzfrei“ ist, wie es das Gesetz vorgibt, ist umstritten. Aktuell läuft dazu eine Studie.
In Deutschland werden Millionen Ferkel wenige Tage nach der Geburt ohne Betäubung kastriert – teilweise wird vorher ein Schmerzmittel verabreicht. Die Kastration soll vermeiden, dass Fleisch von Ebern einen strengen Geruch und Beigeschmack bekommt. In der Schweiz, wo die Betäubung von Ferkeln bei der Kastration schon seit 2009 vorgeschrieben ist, wird Isofluran regulär eingesetzt. Tierärzte sehen die Anwendung durch Laien aber kritisch.
Der Deutsche Tierschutzbund fordert die Abgeordneten des Bundestags weiter dazu auf, die Verlängerung der betäubungslosen Kastration abzulehnen. Für den heutigen Montag ist im Agrarausschuss des Bundestags eine Expertenanhörung zu dem Thema angesetzt. Tierschützer kritisieren, dass dafür keine Sachverständigen aus den Tierschutzorganisationen eingeladen wurde. dg/dpa