München – Schon knapp einen Monat nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrages haben sich CSU und Freie Wähler auf die Umsetzung eines zentralen Anliegens im Koalitionsvertrag verständigt. „Wir haben den Anspruch, Familienkoalition zu sein“, sagte Ministerpräsident Markus Söder. Daher gibt es im nächsten Jahr 210 Millionen Euro, ab 2020 sogar 290 Millionen jährlich aus dem bayerischen Haushalt für Familien mit Kindergartenkindern. Damit sollen das erste und zweite Kindergartenjahr mit 100 Euro pro Monat und Kind bezuschusst werden. Schon heute werden die 100 Euro für das dritte Kindergartenjahr gegeben.
Die Förderung ist nicht an Einkommensgrenzen gekoppelt, alle Eltern von geschätzt 375 000 Kindern zwischen drei und sechs Jahren in Bayern sollen profitieren. Voraussetzung ist lediglich, dass der Kindergarten staatlich anerkannt ist. Die Förderung beginnt ab dem 1. April 2019. Das Geld wird an die Kommunen und andere Träger von Kindertagesstätten ausgezahlt, die den Betrag von 100 Euro „eins zu eins“ an die Familien weitergeben müssen, wie Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) versicherte. Eine Bearbeitungsgebühr dürfen die Träger ausdrücklich nicht einbehalten.
Die Beitragsentlastung war eine der Forderungen, mit der die Freien Wähler in die Koalitionsverhandlungen gegangen waren. Bayerns stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger (FW) lobte Schreyer dafür, dass sie die Auszahlung schon zum 1. April möglich mache, nicht erst zum 1. September, wie zunächst befürchtet. Das sei jetzt ein „sehr sportlicher Zeitplan“. Er schätze, dass bei Durchschnitts-Gebühren von 80 Euro auf dem Land und 200 Euro in der Stadt unterm Strich „über 90 Prozent der Eltern beitragsfrei“ gestellt würden. Die SPD bezweifelt das. Die Unterschiede in der Gebührenhöhe seien „eklatant“, der 100-Euro-Zuschuss nur „Stückwerk“, kritisierte die SPD-Sozialpolitikerin Doris Rauscher.
Als nächstes Vorhaben nannte Söder die Schaffung von weiteren 42 000 Betreuungsplätzen in Krippen und Kindergärten. Im Koalitionsvertrag ist hier als Zeitpunkt „bis 2023“ genannt. Außerdem gibt es noch weitere Pläne, etwa Kita-Busse, die den Transport der Kinder von und zur Kita übernehmen sowie eine Gebührenentlastung für Eltern von Krippenkindern ab 2020 – hier ebenfalls in Höhe von 100 Euro pro Monat. Gerade Krippen sind vor allem in München immens teuer, mehrere hundert Euro im Monat keine Seltenheit.
Neben den Kindergarten-Gebühren beschloss das Söder/Aiwanger-Kabinett am Montag einen Gründungszuschuss für Hebammen, die den Einstieg in die Freiberuflichkeit wagen. Sie erhalten ab September 2019 eine einmalige Prämie in Höhe von 5000 Euro. Dies solle den „Einstieg in diesen wichtigen Beruf“ erleichtern. Die Vorsitzende des bayerischen Hebammen-Verbands, Astrid Giesen, nannte den Zuschuss „eine gute Sache“. Sie schätze, dass ein Großteil der jährlich gut 100 Hebammen, die eine der sieben Schulen in Bayern fertig ausgebildet verlassen, den Zuschuss beantragen werden. Allerdings seien nach wie vor die Rahmenbedingungen für Hebammen alles andere als gut. Sowohl die niedrige tarifliche Bezahlung als auch hohe Versicherungsbeiträge seien gravierende Hindernisse.
Nach wie vor schließen in Bayern Geburtshilfestationen, zuletzt wegen Personalmangels die im Krankenhaus Aichach, obwohl gerade erst ein neuer Kreißsaal eröffnet worden war. Für die schon länger geschlossenen Geburtshilfen in Bad Aibling und Weilheim ist keine Wiedereröffnung in Sicht. „Alle Stationen unter 800 Geburten im Jahr sind von der Schließung bedroht“, sagt Giesen. Dagegen hat auch die bayerische „Familienkoalition“ noch kein Patentrezept gefunden.