Wiedenzhausen/Allershausen – Seit über 60 Jahren tritt Leni Rieger, 85, aus Wiedenzhausen im Landkreis Dachau, nun schon als Nikolaus auf. Auch wenn sie im vergangenen Jahr meinte, dass es langsam an der Zeit sei aufzuhören, kommt sie doch nicht los von dem jährlichen Auftritt – so auch heuer wieder. Dass sie die Rolle als Frau übernimmt, war für sie nie außergewöhnlich. Schon als Kind habe sie sich gerne verkleidet, diese Leidenschaft hat sie sich bis heute erhalten.
Doch was können Eltern tun, in deren Verwandtschaft es keine Leni Rieger gibt, die in die Nikolausrolle schlüpft? In Allershausen im Kreis Freising übernimmt der Burschenverein seit 2016 diese Aufgabe. Gegen eine kleine Spende, die die Burschen für einen guten Zweck nutzen, besuchen sie die Kinder, verkleidet als Nikolaus und Krampus. Heuer sind es an zwei Tagen cirka 25 Familien.
Ganz schön viel Stress. Da wundert es nicht, wenn man sich mal in der Adresse irrt und dann plötzlich eine sehr überraschte Familie vor sich hat. So geschehen bei Stefan Schuhbauer, einem der Initiatoren der Allershauser Nikolausaktion. Da hilft dann nur eins: Augen zu und durch. „Da kann man dann nicht einfach sagen ,Hoppala, ich glaub da samma falsch’ und sich umdrehen und wieder gehen. Also haben wir unser Programm durchgezogen und uns einfach ein paar Sachen ausgedacht.“
Neben Navigationsschwierigkeiten stehen die Nikoläuse aber auch vor ganz praktischen Problemen, wie Schuhbauer erzählt: „Meistens werden wir ganz dekorativ vor den Kamin gestellt.“ Dass das bei dem dicken Nikolausgewand nicht unbedingt angenehm ist, merken die Eltern meistens erst, wenn dem Nikolaus schon der Schweiß von der Nase ins Goldene Buch tropft.
Leni Rieger blieb von solchen Schwierigkeiten bisher verschont. Dafür hat sie mit anderen Tücken zu kämpfen. Denn die Kinder, die sie besucht, kennen sie ja eigentlich. Ein Enkel hätte einmal beinahe ihre Verkleidung durchschaut: „Oma, das bist ja du!“ Mit verstellter Stimme und ganz energisch widersprach sie ihrem Enkelkind und als sie später wieder normal gekleidet ins Haus kam, konnte sie schließlich alle Zweifel zerstreuen, als sie erklärte: „Der Nikolaus ist mir gerade entgegengekommen.“ Da war der Enkel zufrieden.
Doch was hat so ein Nikolaus alles zu erzählen? „Wir haben nicht nur tadelnde Worte, sondern vor allem viel Lob“, erklärt Schuhbauer und: „Nikoläuse sind keine Erziehungsgehilfen.“ Trotzdem lauten die häufigsten Anfragen der Eltern: Die Kinder sollen das Fingernägelkauen aufhören oder den Schnuller an den Nikolaus abgeben. Dumm nur, wenn man dabei auf ein besonders cleveres Kind trifft, so wie eins von Leni Riegers Enkelkindern. Der war nur allzu bereit, seinen Schnuller an den Nikolaus abzugeben, denn „ich hab ja noch einen zweiten“, wie er dem verblüfften Nikolaus erklärte. Noch heute kann Leni Rieger über solche Situationen schmunzeln.
Diese Anekdoten entschädigen für den ganzen Aufwand rund um den Nikolaustag. Frederik Dönhoff von den Allershauser Burschen ist vor allem eine Episode in Erinnerung geblieben, als er von einem Kind begrüßt wurde. „Endlich ist der richtige Nikolaus da. Der im Kindergarten war nämlich der falsche“, rief es aus. Ein größeres Lob gibt es wohl nicht.