Der letzte Wunsch vor dem Tod

von Redaktion

VON DOMINIK GÖTTLER

München – In einer Patientenverfügung dreht sich alles darum, ob nach Unfällen, Krankheiten oder anderen Schicksalsschlägen das Leben künstlich verlängert werden soll. Doch mit dem schlichten Satz „Ich möchte keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ ist es dabei nicht getan. Jüngst landete der Fall einer Wachkoma-Patientin aus dem Kreis Freising vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Richter mussten klären, wie konkret Menschen für den Ernstfall festhalten müssen, wann sie weiterleben wollen und wann nicht.

Bei Rechtsanwalt Dr. Thomas Fritz stapelten sich in den vergangenen Jahren die Anfragen für eine Patientenverfügung. „Die Menschen sind sehr sensibel für dieses Thema geworden“, beobachtet er. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz geht davon aus, dass inzwischen jeder Dritte in Deutschland eine Patientenverfügung hat. Aber Fritz weiß auch, dass es gar nicht so einfach ist, für alle Fälle gerüstet zu sein. „Es ist sehr kompliziert geworden, eine wirksame Patientenverfügung zu verfassen“, sagt Fritz. „Früher wurde immer gesagt, das sei ja schnell erledigt.“ Doch eine erste BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2016 hatte viele Patienten verunsichert. Dem Gericht war die Formulierung, wonach lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben sollten, zu dünn.

Rechtsanwalt Fritz greift mittlerweile auf ein genormtes Formular zurück, mehr als zehn Seiten stark. Darin kreuzen die Menschen etwa an, ob sie in bestimmten Situationen künstlich beatmet werden wollen. Ob Wiederbelebungsversuche gestartet werden sollen. Oder ob sie künstlich ernährt und mit Flüssigkeit versorgt werden wollen. „Das ist ja meist die erste dringende Frage, wenn jemand aufhört zu essen“, sagt Fritz.

Sind alle Alternativen durchgesprochen und gegebenenfalls mit dem Hausarzt abgeklärt, blieben in der Regel fünf bis sechs Seiten übrig. „Weniger als fünf Seiten sollte eine Patientenverfügung nicht haben, wenn man umfänglich abgesichert sein will“, sagt Fritz. Wegen der Komplexität rät er, das Formular mithilfe eines Anwalts oder eines Notars anzufertigen. „Wem das zu teuer ist, der sollte darauf achten, dass das Musterformular unbedingt auf dem neuesten Stand ist.“ Die Formulare finden sich im Internet oder im Buchhandel. „Aber man sollte sich zumindest Rat beim Hausarzt holen, um alle medizinischen Unklarheiten zu klären.“ Auch die Verbraucherzentralen oder die Kirchen bieten Rat.

Sinnvoll ist es, in der Verfügung eine Person des Vertrauens zu benennen, die den Ärzten im Ernstfall die Wünsche des Patienten ans Herz legt. „Wichtig dabei ist, dass immer nur eine Person die Entscheidungshoheit hat“, sagt Fritz. Formulierungen, wie „meine Kinder sollen entscheiden“, seien sehr problematisch. Weil bei Meinungsverschiedenheiten oft keine Lösung für den Patienten gefunden werden kann. So war es im Fall der Wachkoma-Patientin aus Freising. Ihr Sohn und ihr Vater waren vor Gericht gezogen.

Die Verfügung kommt übrigens nur zum Einsatz, wenn der Patient sich nicht mehr mitteilen kann. Ist ein Mensch in einem Notfall bei klarem Bewusstsein, spielt die Verfügung keine Rolle. Wer noch umfassender vorsorgen will, sollte die Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht und einer Betreuungsverfügung verbinden. „Da geht es darum, wer sich um mich kümmert, wenn ich etwa dement werde“, sagt Fritz. Er selbst hat bereits kurz nachdem die Patientenverfügung 2009 gesetzlich geschaffen wurde, seine letzten Wünsche geregelt. „Ich finde, das ist man seiner Familie schuldig.“

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