„Angesichts des Versagens“: Marx fordert Kirchenerneuerung

von Redaktion

Katholische und evangelische Vertreter kritisieren zum Jahreswechsel Machtmissbrauch und Rüstungsexporte

München – Plädoyers für Erneuerung und Frieden, Kritik an Machtmissbrauch und Rüstungsexporten: Diese Botschaften vermittelten die beiden höchsten bayerischen Kirchenvertreter Kardinal Reinhard Marx und der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zum Jahreswechsel.

Marx, Erzbischof von München und Freising und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, mahnte eine Erneuerung der Kirche an – „angesichts des Versagens und der Unfähigkeit, auf Herausforderungen und Missstände angemessen zu reagieren. Das gilt gerade für uns als Verantwortliche in der Kirche und besonders im Blick auf das ungeheure Geschehen des sexuellen Missbrauchs, das im Kern ein Missbrauch geistlicher Macht war und ist.“ So geht es aus Marx’ Manuskript zur Silvesterpredigt im Münchner Liebfrauendom hervor. Der Kardinal forderte, Aufarbeitung und Prävention zu verbessern und machte sich für eine unabhängige Überprüfung stark.

Zudem brauche es „eine Vertiefung und Weiterentwicklung der Lehre der Kirche, die immer wieder neu in einer konkreten Situation zur Sprache gebracht werden muss“, sagte der Erzbischof. Kategorien wie links und rechts, konservativ und progressiv müsse man dabei hinter sich lassen. Die Kirche dürfe sich zwar nicht einfach einem Zeitgeist unterwerfen, müsse sich allerdings schon erneuern. „Natürlich stehen wir in einer großen Tradition. Aber es ist keine abgeschlossene Tradition. Es ist ein Weg in die Zukunft.“

Außerdem plädierte der Erzbischof ausgehend vom christlichen Menschenbild für einen neuen und vertieften Zusammenhalt in einem Europa, das gerade Armen und Schwachen Möglichkeiten zum Leben eröffnet.

Für 2019 forderte Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), ein „Jahr des Friedens“. Er beziehe sich dabei auf die biblische Jahreslosung „Suche Frieden und jage ihm nach“ aus Psalm 34, Vers 15. Der bayerische Landesbischof kritisierte in diesem Zusammenhang deutsche Rüstungsexporte: „Am Reden vom Frieden fehlt es nicht. Am Handeln manchmal schon.“ Noch immer sei Deutschland der viertgrößte Waffenexporteur der Welt. Es gebe viele Versuche, die Produktion und Weitergabe von Kriegswaffen zu verteidigen. „Sie alle ändern nichts daran: Da, wo Waffen nicht national oder international zur polizeilichen Sicherung des Rechts verwendet werden, verbreiten sie vor allem Schrecken. Frieden kann nur entstehen, wo die Spirale der Gewalt durchbrochen wird.“

Um für einen gerechten Frieden einzutreten, brauche es Leidenschaft, aber auch „die Besonnenheit, damit die Leidenschaft nicht in den Fanatismus abgleitet“, so der EKD-Chef. Auch das „Suchen“ nach dem Frieden sei notwendig: „Die Anwendung von militärischer Gewalt ist immer eine Niederlage. Waffen dürfen nie gesegnet werden. Gleichzeitig ringen wir mit der Frage, ob es Fälle gibt, in denen die Anwendung von Gewalt das kleinere Übel ist“, sagte Bedford-Strohm. Auch solches Fragen sei Teil der Suche nach dem Frieden. „Wer auf der Suche ist, der lernt dazu.“  kna

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