Neue Chance fürs Kloster Reutberg

von Redaktion

Immer wieder werden Klöster mangels Nachwuchs aufgelöst. Im Herbst hat der Vatikan aber überraschend einem Konvent eine neue Chance gegeben, dessen Schließung bereits beschlossene Sache schien. Wie es nun genau weitergeht, ist offen.

VON SABINE DOBEL

Sachsenkam – Die Menschen haben gebetet, sie haben innige Fürbitten in der kleinen Kirche hinterlassen, einige sind sogar nach Rom gereist – und sie haben damit die vorläufige Rettung des Klosters Reutberg erreicht (wir berichteten). Doch das Ringen um eine dauerhafte Lösung geht weiter. Rom hatte im Oktober 2018 per Dekret eine bereits im Raum stehende Auflösung des Konvents bei Sachsenkam (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) mit seinen Franziskanerinnen zurückgenommen. Doch wie das Kloster auf lange Sicht fortbestehen kann, welche Ordensleute an den Reutberg kommen könnten und wie es mit der Seelsorge konkret weitergeht, ist noch nicht endgültig klar.

Die Gemeinschaft habe sich „sehr stabilisiert“, teilten die Schwestern und ihre von Rom eingesetzte apostolische Kommissarin mit. Sie war von der vatikanischen Ordenskongregation ernannt worden und nimmt nun die Rechte und Pflichten einer Oberin wahr, die zuletzt fehlte. Es gebe Anfragen von Schwestern, die „am Leben auf dem Reutberg interessiert“ seien. Die Seelsorge und der tägliche Gottesdienst seien vorerst gesichert.

Das Erzbistum München und Freising hatte schon vor dem Dekret aus Rom den dortigen Priester von seiner Aufgabe entbunden. Der Geistliche im Ruhestand hatte über Jahre die Frühmesse gehalten, zu der Tag für Tag vor der Arbeit an die zwei Dutzend Gläubige aus dem Umland zum Kloster kamen. Die Frühgottesdienste sollen nun, so heißt es aus dem Kloster, vorübergehend verschiedene Priester übernehmen.

Der Unterstützerkreis um das Kloster, die sogenannte Sachsenkamer Gruppe, hatte vorgeschlagen, dass am Reutberg parallel zum Schwesternkonvent ein Seelsorgezentrum entstehen könnte, mit einer kleinen Zahl von Ordenspriestern. Dieser Vorschlag liegt nicht weit entfernt von früheren Überlegungen des Erzbistums München und Freising, in dessen Verantwortung bei einer Auflösung das Kloster und seine Besitztümer wohl übergegangen wären. Neben den Nonnen könnten – so ebenfalls ein früherer Plan des Erzbistums – im Kloster Mönche wohnen. Diese könnten anders als die abgeschieden lebenden Franziskanerinnen in der Seelsorge tätig sein – Pfarrer fehlen in der Region. Eine ähnliche Lösung will auch die Sachsenkamer Gruppe. „Diese Kombination könnte eine besondere Wirkung entfalten und auch neue Ordensleute an den Reutberg ziehen“, heißt es aus der Gruppe.

Das Erzbistum allerdings verfolgt derzeit keine Pläne mehr. Es sei mit dem Dekret aus Rom nicht mehr verantwortlich und sehe „nach der 180-Grad-Wendung aus Rom auch keine verlässlichen Rahmenbedingungen für eine Planung“, sagte ein Sprecher.

Der Kampf um das Kloster läuft schon seit Jahren. 2016 hatte die Kongregation das Erzbistum München und Freising angewiesen, die Auflösung der Gemeinschaft vorzubereiten. Dort wohnten zuletzt zwei Nonnen: ohne Oberin zu wenig für den Fortbestand. Während die meisten anderen Klöster eher geräuschlos und ohne große Teilnahme der Öffentlichkeit aufgelöst werden, gab es hier Protest der Anwohner, öffentlich und im Stillen.

Im Fürbitt-Buch in der kleinen Kirche drückten viele Menschen neben ihren persönlichen Anliegen ihre Unterstützung für den Konvent aus. „Möge der Herr diesen Ort erhalten“, schrieb ein Besucher und ein anderer: „Das Kloster muss blieben.“ Vertreter der Sachsenkamer Gruppe reisten mit mehr als 12 000 Unterschriften und einem 100 Seiten starken Papier mit Vorschlägen nach Rom.

Im Oktober kam von dort die Nachricht zu der ungewöhnlichen Wendung, die Ernennung der apostolischen Kommissarin und damit die vorläufige Rettung des Klosters. „Mit großer Freude dürfen wir mitteilen, dass Gott unser vertrauensvolles Gebet und die vielfältigen Bemühungen um das Fortbestehen des Klosters Reutberg reich gesegnet hat“, teilten die Franziskanerinnen danach mit.

Es ist das zweite Mal in Folge, dass in Oberbayern eine Klosterauflösung nicht wie in vielen anderen Fällen geräuschlos und abseits der Öffentlichkeit vonstatten geht. Im Kloster Altomünster hatte eine Frau, die Nonne werden wollte, bis zuletzt in ihrer Zelle ausgehalten. Claudia Schwarz, Juristin und fest entschlossen, ihr weiteres Leben dem Glauben zu widmen, hatte sich durch verschiedene Gerichte und Instanzen gekämpft, um das Kloster zu erhalten. Als „Klosterbesetzerin“ machte sie über Bayerns Grenzen hinaus Schlagzeilen. Am Ende beugte sie sich und zog aus.

Am Reutberg sieht es nun erst einmal nach einem vorläufigen Fortbestand aus. Ein kleines Wunder in Zeiten, in denen ein Leben hinter Klostermauern nur noch wenige junge Menschen lockt.

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