60 Stunden Warten

von Redaktion

Pendler verärgert über Bahnverspätungen

München-Kaufering – 60 Stunden Lebenszeit pro Jahr kostet Stefan Vondung aus Kaufering (Kreis Landsberg am Lech) die Verspätungen der Regionalbahn. Der Software-Entwickler, der in München-Giesing arbeitet, hat es genau ausgerechnet. Mindestens vier Tage die Woche wartet er 20 Minuten. Das sind 80 Minuten jede Woche. 320 Minuten im Monat. 3520 Minuten im Jahr. Rund 60 Stunden Lebenszeit pro Jahr – wenn man den Urlaub abzieht.

Der 61-Jährige pendelt seit 30 Jahren mit der Regionalbahn von Kaufering bei Landsberg am Lech nach München. „Dass der Zug mal pünktlich ist, kommt vielleicht ein Mal die Woche vor. Ich könnte ein Buch schreiben über meine Bahn-Erlebnisse.“ Das jüngste Kapitel kam vergangenen Montag dazu. Schon morgens der Ärger: „Der Zug ist einfach ausgefallen – keine Ansage, keine Erklärung, keine Entschuldigung!“ Da konnte Vondung noch nicht ahnen, dass ihm die eigentliche Odyssee noch bevorstand: Wegen eines Fahrzeugschadens brauchte er für seinen Heimweg (Hauptbahnhof – Kaufering) statt fahrplanmäßig 40 Minuten fast drei Stunden. „Der Zug fuhr pünktlich um 18.51 Uhr in München los, blieb dann vor Puchheim liegen!“ Im Schritttempo tuckelte man noch in den Ort. „Dort war Endstation.“ Vondung nahm die S4 Richtung Geltendorf, wartete auf den nächsten Regionalzug nach Kaufering. Ankunft: 21.40 Uhr. Ein Bahn-Sprecher bestätigt, dass an diesem Zug kurz nacheinander zwei Fahrzeugstörungen aufgetreten seien. „Wir möchten uns für die Verspätung bei den Fahrgästen entschuldigen.“ Ein Pünktlichkeits-Problem gebe es aber nicht: Angesichts der Millionen von Kilometern, die im Regionalverkehr erbracht werden, verlaufe der Betrieb „in weiten Teilen des bayerischen Bahnnetzes reibungslos“, so der Sprecher. Laut Bahn-Statistik (Stand: 14. Januar 2019) lag die durchschnittliche Jahrespünktlichkeit im Nahverkehr 2018 bei 94 Prozent (Fernverkehr: 74,9 Prozent).

Darüber kann Vondung nur lachen. „Bei zehn Minuten Verspätung regt sich gar keiner mehr auf, das ist normal!“ Den Fahrplan einzuhalten, sei ein diffiziles Unterfangen, erklärt der Sprecher: „Weit mehr als 2000 Züge fahren täglich durch das Gleisvorfeld des Hauptbahnhofs, eine ähnlich hohe Zahl muss den Ostbahnhof durchqueren. Selbst kleinste Ursachen wirbeln in diesem komplexen Räderwerk schnell den Fahrplan durcheinander.“ DANIELA SCHMITT

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