30 Prozent Bio in zehn Jahren – kann das gut gehen?

von Redaktion

Hauptforderung des Volksbegehrens stößt auf Widerstand: Kritiker fürchten Preiskampf auf Kosten der Bauern

München – Es ist eine der zentralen Forderungen der Initiatoren des Volksbegehrens: Mehr ökologisch bewirtschaftete Flächen in Bayern. Derzeit sind es rund zehn Prozent, nach dem Wunsch der ÖDP und ihrer Unterstützer sollen zwei neue Zielmarken ins bayerische Naturschutzgesetz geschrieben werden: Ein Anteil von 20 Prozent bis zum Jahr 2025 und von 30 Prozent bis 2030. Im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern ist hingegen nur eine „mittelfristige“ Verdopplung ohne explizites Datum vereinbart.

Kritiker wie der Bayerische Bauernverband oder die Freien Wähler befürchten durch eine ins Gesetz diktierte Zielvorgabe einen negativen Effekt auf den Bio-Markt. Schon heute gebe es ein Überangebot von ökologisch erzeugten Lebensmitteln, kritisierte etwa der FW-Abgeordnete Hans Friedl. Ist der Markt also schon gesättigt?

Zumindest im Bereich der Milchprodukte ist die Sorge nicht unbegründet. Noch immer setzt etwa ein Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe in Bayern auf Milchviehhaltung. Weil der Preis für konventionell erzeugte Milch aber extrem niedrig und die staatliche Förderung verlockend war, stellten in den vergangenen Jahren viele Milchbauern auf Bio um. „Da waren auch einige darunter, die noch keinen Vertrag mit einer Molkerei hatten“, erklärt Johannes Enzler von der Landesanstalt für Landwirtschaft. Nicht alle fanden einen Abnehmer. „Manche Molkereien haben aus Sorge vor einer Überproduktion und einem daraus folgenden Preisverfall die Notbremse gezogen.“ Sie nahmen keine neuen Lieferanten mehr auf.

So gibt es etwa bei der Molkerei Berchtesgadener Land aktuell Wartelisten. „Für Bio-Milch in Naturland-Qualität ist aktuell aufgrund der Nachfragesituation kein weiterer Bedarf“, sagt eine Sprecherin. Wer dagegen Mitglied beim Demeter-Verband wird, habe gute Chancen, denn hier sei die Nachfrage aktuell sehr gut. Demeter-Mitglieder dürfen etwa die Kühe nicht enthornen und ihre Milch wird nicht homogenisiert. Auch bei der Andechser Bio-Molkerei Scheitz gibt es derzeit Wartelisten. „Neue Milchlieferanten können wir nur aufnehmen, wenn auch der Markt dafür geschaffen ist“, sagt Geschäftsführerin Barbara Scheitz. „Das geht nur, wenn der Verbraucher mitzieht.“ Hier sei auch die Politik gefragt, bei den Kunden ein größeres Bewusstsein beim Kauf zu schaffen.

Wie sich der Markt für Bio-Milchprodukte in Zukunft entwickelt, sei schwer abzuschätzen, sagt Johannes Enzler. Seiner Meinung nach ist es schwierig, eine Quote „von oben“ festzulegen. „Der Markt muss schon mitspielen.“ Cordula Rutz von der Landesvereinigung für ökologischen Landbau sieht trotz Wartelisten noch Luft nach oben für den Bio-Milchmarkt. „Etwa 30 Prozent der Bio-Milch wird noch immer importiert. Und auch beim Gemüse ist die Nachfrage da.“ Klar sei aber auch, dass der Staat die Entwicklung mit Anreizen begleiten müsse. Bei der Gemeinschaftsverpflegung, zum Beispiel in Schulkantinen, gebe es noch Förderpotenzial.

Gerade im Bereich Bio-Gemüse und Bio-Obst ist der Selbstversorgungsgrad aber noch sehr niedrig. „Hier wird immer noch sehr viel importiert“, erklärt Enzler. Sei es der Apfel aus Südtirol oder die Karotte aus Holland.

Um neue Märkte für die Bio-Branche zu erschließen, ging zuletzt auch der Verband Bioland neue Wege: Er schloss eine Kooperation mit Lidl, künftig werden dort Bioland-Produkte im Regal stehen. Es ist der erste Schulterschluss eines Öko-Verbandes mit einem Discounter. Doch der ist nicht unumstritten. Manche Branchenvertreter fürchten dadurch einen steigenden Preiskampf auch im Bio-Sektor. DOMINIK GÖTTLER

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