Sozialstunden als Strafe für „Containern“

von Redaktion

Zwei Frauen wurden beim Diebstahl von Lebensmitteln aus einem Müllcontainer eines Supermarkts erwischt. Jetzt fand ihre Verhandlung unter großem, öffentlichen Interesse statt. Das Urteil lautete schuldig, aber unter Vorbehalt.

VON TOM ELDERSCH

Fürstenfeldbruck – „Eigentlich will ich gar kein Urteil sprechen“, sagt Richter Johann Steigmayer am Ende der Verhandlung. Mehrfach wurde vom Gericht und der Staatsanwaltschaft den zwei angeklagten Frauen aus Olching im Landkreis Fürstenfeldbruck die Einstellung des Verfahrens angeboten.

Franzi S. (25) und Caro K. (27) wurden beschuldigt, Lebensmittel aus einem Abfallcontainer eines Supermarkts – auch Containern genannt – gestohlen zu haben. Jetzt sind sie schuldig gesprochen worden und müssen Sozialstunden ableisten.

Im Juni 2018 wurden die beiden Studentinnen von einer Polizeistreife dabei erwischt, wie sie sich zwei Rucksäcke und eine Tüte voll mit Obst, Gemüse und Milchprodukten gestopft haben. Von den Beamten darauf angesprochen, gaben sie zu, den verschlossenen Müllcontainer eines Supermarkts mit einem Vierkantschlüssel geöffnet und die Lebensmittel eingesteckt zu haben. Dies bestätigten die beiden Polizisten in der Verhandlung noch einmal.

Die Rechtsanwälte der beiden Frauen beharrten jedoch darauf, dass beim Eintreffen der Beamten die Tonne bereits offenstand und man nicht nachweisen könne, dass die Angeklagten dafür verantwortlich waren.

Außerdem sei es doch keine Straftat, wenn man offensichtlich weggeworfene Lebensmittel für den eigenen Verzehr mit nimmt. „Der Supermarkt hat ja wohl kein Interesse mehr an den Waren, wenn er sie wegwirft“, sagte der Anwalt von Franzi S. in seinem Plädoyer. Bei dem Schuldspruch ginge es allerdings auch gar nicht um den Wert der gestohlenen Lebensmittel – die ohnehin als geringwertige Sache eingestuft wurden –, sagte Richter Steigmayer in der Urteilsbegründung. Vielmehr ginge es darum, dass sie einen verschlossenen Container geöffnet haben.

Mit dem Verschließen habe der Eigentümer zu verstehen gegeben, dass sich daran niemand zu schaffen machen soll.

Für den Richter war damit der Tatbestand des Diebstahls klar gegeben. Er verurteilte die zwei Studentinnen zu einer Geldstrafe von 225 Euro unter Vorbehalt.

Das heißt, da die Frauen versichert haben, dass sie keine weitere Straftat mehr begehen werden, müssen sie vorerst das Geld nicht bezahlen. Sie haben aber eine zweijährige Bewährungsfrist bekommen und dürfen sich in dieser Zeit nichts zuschulden kommen lassen. Außerdem müssen sie jeweils acht Sozialstunden bei der Fürstenfeldbrucker Tafel ableisten.

Vor der Verhandlung fanden sich bereits viele Unterstützer und Freunde der beiden Studentinnen auf dem Fürstenfeldbrucker Hauptplatz zu einer Kundgebung ein. Als Sprecher waren Vertreter der Linken und der Grünen sowie einiger Lebensmittelretter-Organisationen eingeladen worden. Außerdem wurde Chili con Carne aus einer umgebauten Altpapier-Tonne verkauft worden.

Anschließend zog der Tross in Richtung Amtsgericht, um dort lautstark für einen Freispruch zu skandieren. Viele der Anhänger versuchten auch in die öffentliche Verhandlung zu gelangen. Doch schnell waren alle Plätze besetzt. Richter Steigmayer musste des Öfteren Personen des Saals verweisen.

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