Bistumsanwälte rechnen mit Machtcli que ab

von Redaktion

Das Bistum Eichstätt hat Millionen mit dubiosen Finanzgeschäften mit Immobilien und Schiffen verloren. Nun liegt der Prüfbericht einer Anwaltskanzlei vor. Hochrangige Priester sollen jahrzehntelang ein fragwürdiges System etabliert haben.

VON CHRISTOPH RENZIKOWSKI

Eichstätt – Im Finanzskandal des Bistums Eichstätt geraten ein Jahr nach seiner Bekanntmachung hochrangige Geistliche ins Visier. Die Anwälte der Diözese nennen in ihrem gestern vorgestellten 148 Seiten starken Prüfbericht „die maßgeblichen und führenden Mitglieder des Domkapitels in den Jahren 2004 bis 2015 als faktisch Hauptverantwortliche“. Zum eigenen Machterhalt hätten diese eine Organisationsstruktur etabliert und verlängert, „die letztlich einem Feuchtbiotop für Straftäter im Vermögensbereich gleichkommt“.

Es sei auffällig, dass zum Teil bis heute „von diesem Zirkel“ die umfassende Teilnahme an der Leitung der Diözese beansprucht, die eigene Verantwortung für den Skandal aber „nahezu ausnahmslos negiert“ werde. Insbesondere der damalige Finanzdirektor und Domdekan habe seine Fähigkeiten überschätzt. Er sei „unvertretbare Risiken“ eingegangen, und zwar schon vor den derzeit strafrechtlich untersuchten ungesicherten Darlehen für 31 Immobilienprojekte in den USA.

Ihn fassen die Anwälte in ihrem Bericht härter an als bisher. Vor einem Jahr hielten sie es noch für denkbar, dass er von seinem Vize getäuscht worden sei. Nun sprechen die Juristen von einem „System Eichstätt“. Dieser Begriff dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die damit bezeichneten Missstände zumindest bis 2013 „in Deutschland durchaus verbreitet waren“, vielleicht sogar noch sind.

Ein besonders drastisches Beispiel aus dem Jahr 2012: Damals gründete das Bistum Eichstätt auf Betreiben seines Finanzdirektors mit einer Reederei eine Gesellschaft zum Kauf und Betrieb von Frachtschiffen. Der Direktor reiste mit seinem Stellvertreter „First Class“ auf Einladung nach Manila auf die Philippinen. Doch statt der erhofften Gewinne wurden fünf Millionen Euro versenkt.

Obwohl vorgeschrieben, gab es in Eichstätt bis 2005 keinen Diözesanvermögensverwaltungsrat. Auch später sei das Gremium „fachlich inaktzeptabel und rechtswidrig besetzt“ worden. Ein „enger Zirkel hochrangiger Kleriker“ habe sämtliche Schaltstellen in der Verwaltung besetzt und zugleich Kontrolle sowie Beratung ausgeübt, „unter der bewussten Inkaufnahme der eigenen fachlichen Inkompetenz“. Kritische Nachfragen habe man sich verbeten.

Dem Benediktiner Gregor Maria Hanke, seit 2006 Bischof, wird bescheinigt, schon ab 2007 den Einfluss des „Systems Eichstätt“ verringert zu haben, wenn auch nicht energisch genug. Zugleich bestätigen die Anwälte Hanke, dass erst durch dessen Transparenzoffensive 2015 der Skandal aufgedeckt und weiterer Schaden vermieden werden konnte. Indes hat der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller dem Bischof erneut den Rücktritt nahegelegt.

Der Prüfbericht ist der Staatsanwaltschaft und dem Vatikan zugeleitet worden. Ob es dort zu neuen Schritten in der Affäre kommt, bleibt abzuwarten. Derweil bemüht sich das Bistum um Begrenzung des finanziellen Schadens – mit überschaubarem Erfolg. Von den noch ausstehenden US-Darlehen in Höhe von rund 54 Millionen Dollar sind bereits mehr als 44 Millionen fällig, aber nicht zurückgezahlt. Die Verhandlungen mit den Darlehensnehmern schleppen sich hin. Die Eichstätter sprechen von Verzögerungstaktik und wollen nun einen Anspruch über zwei Millionen Dollar in einem ersten Fall in den USA gerichtlich durchsetzen.

Nach den erfolgten Verwaltungsreformen ist nach Einschätzung der Anwälte vom „System Eichstätt“ nicht mehr viel übrig. Allerdings empfehlen sie mehr Sorgfalt bei der Aktenführung.

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