München – Gipfel hat Alois Glück in seinem Leben schon viele erklommen. Doch jetzt stellt sich der leidenschaftliche Bergsteiger mit 79 Jahren noch einmal einer Herausforderung der anderen Art. Und er vergleicht sie mit dem Weg in die Berge: „Wir betreten hier unübersichtliches Gelände“, sagte der ehemalige Landtagspräsident über seine Rolle als Moderator des Runden Tisches für mehr Artenschutz, der gestern in der Staatskanzlei zum ersten Mal tagte. Glück soll dabei den Mittler zwischen den Welten geben, der die Befürworter des erfolgreichen Volksbegehrens und die Kritiker aus Staatsregierung und Landwirtschaft zusammenführt.
Den dreistündigen Austausch gestern bezeichnete Agnes Becker, die Beauftragte des Volksbegehrens von der ÖDP, als erstes Abtasten. Nach der Begrüßung durch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und einleitenden Worten von Glück meldeten sich rund 30 Teilnehmer von Vertretern der Kommunen bis zum Fischereiverband zu Wort und vertraten ihren Standpunkt. „Viel positive Energie“, habe er dabei gespürt, sagte Söder im Anschluss. Und auch die Initiatoren des Volksbegehrens sowie Bauernpräsident Walter Heidl sprachen von einem „konstruktiven und sachlichen Austausch“.
Alois Glück kündigte an, das gestrige Treffen sei nur der Auftakt für eine Reihe von Gesprächen gewesen. In den kommenden Wochen werde er gebündelt mit den verschiedenen Interessengruppen sondieren. Nächste Woche sollen die Befürworter drankommen, auch mit den Kommunalvertretern und den Landwirten werde er sprechen. Nach Auswertung dieser Gespräche soll der Runde Tisch in drei bis vier Wochen erneut zusammenkommen. „Dann werden wir miteinander um Lösungen ringen“, sagte Glück. Söder äußerte gar die Hoffnung, dass das Treffen der Auftakt für eine neue „kooperative Demokratie“ sei. Es gebe jetzt die große Chance, mehr zu machen: „einen neuen Gesellschaftsvertrag, der nicht nur die Landwirtschaft betrifft“. Alois Glück, der selbst nicht für das Volksbegehren unterschrieben hat, will einen besseren Artenschutz vor allem durch ein verstärktes Engagement des Staates und der Kommunen erreichen, nicht nur über die Landwirtschaft. Auch die Kirchen müssten den Artenschutz auf ihren Flächen ernster nehmen.
Öffentlich äußerten sich die Teilnehmer nach dem ersten Treffen durchaus positiv. Bauernpräsident Heidl betonte mit Blick auf die scharfe Debatte der vergangenen Wochen: „Wir schauen jetzt nach vorne.“ Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann zeigte sich erfreut, dass von der ursprünglichen „Dickköpfigkeit“ mancher gestern nichts mehr zu spüren gewesen sei. Und auch Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogelschutz glaubt, dass es trotz verschiedener Standpunkte keine unüberbrückbaren Differenzen gebe.
Doch für mehr als vorsichtigen Optimismus reichte es vorerst nicht. Denn die Initiatoren des Volksbegehrens betonten weiter, dass sie nicht hinter den Forderungen des Gesetzentwurfes zurückbleiben wollen. Und über weitergehende Einschränkungen etwa beim Flächenfraß hätten sich die Vertreter der Kommunen skeptisch geäußert, berichten Teilnehmer. So sagte auch Söder auf die Frage, ob er zuversichtlich sei, dass ein Konsens hergestellt werden könne, nur: „Das wird noch eine Menge Arbeit.“ Viele setzen nun ihre Hoffnungen in die Moderationskünste des Alois Glück – und seine Trittsicherheit in unwegsamem Gelände.