MASSGESCHNEIDERT

Wartezimmer-Gespräch

von Redaktion

Haben Sie das auch? Auf einmal fängts’s im Ohr zu summen an. Zuerst meint man, irgendwo bei den Nachbarn läuft eine Maschine, aber dann merkt man, dass das alles selbst erzeugt ist. Oh mei, san S’staad! Ohrensausen hab’ ich wahrscheinlich öfter wie Sie und viel stärker. Bei mir klingt das wie Meeresrauschen. Ah geh! Aber jetzt gebn S‘ obacht: Meine Zehen, die beißen oft schon so, dass ich sie ausreißen möcht! Mit Kratzen allein ist es da nicht mehr getan. Wem sagen Sie das! Das ist ein ganz ordinärer Fußpilz, den man sich in jeder besseren Badeanstalt holen kann. Sie haben ihn offenbar nur an einem Fuß. Aber ich, ich hab ihn an alle zwei! Ich sag Ihnen, wenn die mitsammen das Beißen anfangen, dann heißt die nächste Station Wahnsinn! Aber das werden Sie nicht haben, dass es nach dem Essen im Bauch drin rumpelt und pumpelt. Da kommen Töne zustande, also ich sag Ihnen… Nicht werd ich das haben! Ich kann oft halbe Tage nicht aus dem Haus gehen, solche Geräusche treten da auf. Die hört man sogar noch im Nebenraum. Verwechseln Sie da nicht was? Ich mein fei nicht jene Töne, die wo: Nein, nein, wir meinen schon dasselbe. Etwas anderes tät ich ja gar nicht in den Mund nehmen! So? Und wie steht’s dann bei Ihnen mit dem Absterben der Finger in der Nacht? Wollen Sie das vielleicht auch so stark haben wie ich? Erzählen Sie mir bitte nichts vom Absterben der Finger! Wie oft bin ich schon aufgewacht und hab zehn Scheintote in den Händen g’habt! Aber so Seitenstechen bekommen Sie bestimmt nicht beim schnellen Gehen wie ich. Da sticht’s mich oft so, dass es mich zusammenkrummt wie einen Wurm. Sie sind gut! Jetzt will ich Ihnen mal was sagen: Seitenstechen allein ist eine Wohltat. Bei mir tritt es immer zusammen mit Nasenbluten auf. Und das schon seit dem fünften Lebensjahr. Hm. Jetzt brauchen Sie bloß noch sagen, dass Sie Augenflimmern auch haben! Immer, wenn ich länger am Fernseher sitz’… Entschuldigen S’, dass ich Sie unterbrech’. Wo meinen S’, dass ich grad herkomm? Von der Augenklinik! Weil ich am Sonntag beim Tatort immer die Figuren verwechselt hab. Wie ich Sie kenn, werden Sie natürlich auch öfters einen steiferen Hals haben wie ich? Erinnern S‘ mich nicht! Heut ist erst der dritte Tag, dass ich wieder problemlos umschauen kann.

Ich seh’ schon, gegen Sie kommt man nicht an! Der Hexenschuss ist Ihnen wohl gleichfalls ein lieber Gast? Sie sagen es. Regelmäßig alle Vierteljahr schießt er mir ein, sonst bin ich nicht g’sund! Gut. Aber in einem werden Sie mich nicht übertrumpfen können, im Heuschnupfen. Ich hab ihn letztes Jahr bis in den November hinein gehabt: Mein Hausarzt hat nur so gestaunt! Dafür hab ich mitten im Hochsommer einen Keuchhusten bekommen. Drei Kapazitäten haben mich im Großklinikum Großhadern stationär behandelt. Sie gönnen mir wohl überhaupt nichts? Ihnen wenn man so zuhört, wundert man sich direkt, dass Sie noch nicht beim Probeliegen im Ostfriedhof waren! Das könnt ich mir wegen meines Rheumatismus gar nicht erlauben. Dann rutschen Sie mir doch bittschön den Buckel herunter! Des geht auch nicht – wegen meiner Bandscheiben: Müssen Sie unbedingt das letzte Wort haben? Streiten wir uns doch nicht um solche Lappalien, Hauptsach’, dass ma g’sund san!

An dieser Stelle schreibt unser Turmschreiber

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