München – Neulich im Landtag wagte sich Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) aus der Deckung: Er „persönlich“, sagte der Minister, habe „große Sympathien“ für den islamischen Unterricht. Das Fach habe „hohe integrative Wirkung“, es gebe „gut ausgebildete Lehrer“. Auch sei der Unterricht „keine religiöse Einübung“ in den Islam, sondern letztendlich eine Form von „Ethik-Unterricht“.
Gute Noten von höchster Stelle also für den islamischen Unterricht, der in Bayern im September 2009 eingeführt wurde. Er ist eine freiwillige Alternative zum Ethikunterricht. Die Schüler erhalten von staatlichen Lehrern auf Deutsch neben Koran-Kunde auch Kenntnisse über andere Religionen sowie über die Werte von Grundgesetz und Bayerischer Verfassung. Nach zehn Jahren läuft dieser Versuch nun zum Schuljahresende aus. Die Frage ist, wie es weitergeht.
Frei entscheiden über die Fortführung kann der Minister nicht – er ist an die Koalition mit der CSU gekettet. Der große Koalitionspartner zögerte bisher – schließlich hatte sich Ministerpräsident Markus Söder im Wahlkampf noch gegen eine „flächendeckende“ Einführung des Islamischen Unterrichts ausgesprochen.
Das klang damals so, als wolle die CSU den islamischen Unterricht künftig überhaupt nicht mehr. Inzwischen allerdings mehren sich die versöhnlichen Töne – auf beiden Seiten. „Flächendeckend“ mache das ohnehin keinen Sinn, sagt auch die Präsidentin des Lehrerverband BLLV, Simone Fleischmann. Sie wünsche sich, dass das Fach nach Bedarf „langsam, in Stufen“ ausgebaut werde.
Die CSU-Bildungsexpertin Barbara Regitz wiederum hat den islamischen Unterricht im Landtag kürzlich in den höchsten Tönen und in erkennbarer Abkehr von früheren Partei-Verlautbarungen gelobt. Er sei „ein Beitrag zur Integration“, hier werde „Unterricht nach Vorgaben unserer Verfassung verwirklicht“. Nur so könne man „der Koranschule auf dem Hinterhof das Wasser abgraben“. Regitz endete mit den Worten: „Was eine so lange Vergangenheit hat, hat sicher auch eine Zukunft.“ Die FW-Schulpolitikerin Eva Gottstein wertet den Beitrag von Regitz als „deutliches Signal des Koalitionspartners“ im Sinne einer Fortführung. Hinzu kommt:
Auch der Antisemitismus-Beauftragte Ludwig Spaenle hat den islamischen Unterricht erst vorletzte Woche demonstrativ gelobt. Er sei „eine Art staatliche Aufklärung“ und „Erziehung zu Toleranz und Demokratie“ – kurz gesagt: Er mache Muslime immun gegen Hetze, auch gegen Judenhass.
Im gemeinsamen Schul-Arbeitskreis von CSU und FW, in dem Leitlinien der Koalition vorab im kleinen Kreis abgestimmt werden, ist das Thema noch nicht behandelt worden. Vorher soll eine Auswertung des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung abgewartet werden. Die Auswertung, neudeutsch „Evaluation“, steht angeblich kurz vor der Fertigstellung. „Bis Juli warten wir sicher nicht“, hatte Piazolo im Landtag gesagt. Schließlich hoffen auch die Schulen auf ein Signal, wie es weitergeht. Gudula Meyer, Schulleiterin an der Mittelschule München-Ridlerstraße, etwa würde eine Fortführung begrüßen – und zwar nicht als Versuch, sondern als ordentliches Unterrichtsfach. Dann könnte der islamische Unterricht auch Teil der Quali-Prüfung werden.
Einzig die AfD ist gegen den Islam-Unterricht. Er sei „gegen unser Grundgesetz gerichteter Unterricht“, wetterte die Abgeordnete Anne Cyron jüngst im Landtag. Ein AfD-Antrag, den Islam-Unterricht zu verbieten, scheiterte.