München – Über Fleisch, das kein Fleisch sein darf, diskutierten gestern die Abgeordneten im Umweltausschuss des Landtags. Den Anstoß gab ein Beitrag des ZDF-Magazins „Frontal 21“ vom vergangenen Jahr. Darin hatten die Journalisten mit einem Metzgermeister eine Paprikawurst hergestellt, die nur zu 18 Prozent aus Fleisch bestand. Der Rest: ein Drittel Wasser, Proteinpulver aus Schlachtblut zur Bindung und 46 Prozent sogenanntes Separatorenfleisch, das offiziell nicht als Fleisch gilt. Diese Wurst reichte die Redaktion bei der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft ein – und wurde dafür prompt mit dem silbernen DLG-Siegel „für hervorragende Qualität“ prämiert.
Den Fall nahm die SPD-Landtagsfraktion zum Anlass, einen Bericht vom Bayerischen Umweltministerium zu fordern. Die Abgeordneten wollten wissen, wie viel Separatorenfleisch in Bayern hergestellt wird und wie sichergestellt werden kann, dass der Verbraucher dabei nicht getäuscht wird.
Unter Separatorenfleisch versteht man Fleischreste, die nach dem Entbeinen noch am Knochen hängen und maschinell gelöst werden. Die Muskelfaser wird bei diesem Prozess aufgelöst, sodass eine Art Brei entsteht. Dieser kann zur Herstellung etwa von Fleischwaren verwendet werden. Auf der Verpackung muss aber gekennzeichnet sein, dass die Wurst beispielsweise 30 Prozent Separatorenfleisch enthält – das regelt eine EU-Verordnung. Seit der BSE-Krise ist in Deutschland nur noch Separatorenfleisch von Geflügel und Schweinen erlaubt. Bei der Verarbeitung scheiden sich die Geister. Die einen sagen: Gut, dass das geschlachtete Tier vollständig verwendet wird, schließlich sei der Verzehr nicht bedenklich. Die anderen ekeln sich vor dem fleischigen Brei. Sie fürchten, dass damit gepanscht wird, um Kosten zu sparen, und sind der Meinung, dass daraus nur Tierfutter hergestellt werden sollte.
Michael Mayer vom Referat für Fleischhygiene aus dem Umweltministerium stellte gestern im Landtag klar: „Separatorenfleisch ist kein Abfall. Es ist ein Lebensmittel, es muss nur anders bezeichnet werden.“ In Bayern sei lediglich ein Betrieb für die Herstellung zugelassen. Dort wurden in den vergangenen Jahren mit Ausnahme einer längeren Produktionslücke jährlich bis zu fünf Tonnen Geflügel-Separatorenfleisch hergestellt und in andere Bundesländer oder ins Ausland verkauft. Florian von Brunn (SPD) geht davon aus, dass es sich bei dabei um den Wiesenhof-Schlachthof im Landkreis Straubing-Bogen handelt, weil die Produktionslücke mit dem Großbrand auf dem Gelände vom Februar 2015 übereinstimmt.
Andreas Winkler von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch kritisiert, dass für den Verbraucher oft kaum nachzuvollziehen ist, wo das Separatorenfleisch wirklich verwendet wird. „Man findet jedenfalls kaum Produkte, auf denen es tatsächlich angegeben ist.“ Grundsätzlich spreche ja nichts gegen die Verwendung – sie müsse aber immer klar sichtbar sein.
An einem Stück Wurst nachzuweisen, ob darin unerlaubterweise Separatorenfleisch verwendet wurde, ist aber gar nicht so einfach. Fertig verarbeitet lässt sich der Unterschied zu „echtem“ Fleisch kaum mehr feststellen, erklärte Michael Mayer im Landtag. „Um das zu kontrollieren, muss man schon in den jeweiligen Betrieb gehen.“ Von Brunn fordert deshalb eine Stärkung der Lebensmittelkontrolle, damit besser geprüft werden könne, wo die Fleischreste am Ende wirklich landen.
Wenn die Reste per Hand und nicht maschinell vom Knochen gelöst werden, gilt das übrigens als ganz normales Fleisch. An der Wursttheke des örtlichen Metzgers dürfte das Separatorenfleisch deshalb in der Regel nicht zu finden sein – ganz egal, was man davon hält.