Dem Springfrosch auf der Spur

von Redaktion

Sobald die Temperaturen steigen, beginnt für Amphibien die Laichwanderung. An einer Umfahrung in Weßling (Kreis Starnberg) sorgen kleine Tunnel dafür, dass Frösche sicher unter der Straße durch gelangen. Ob die Tiere diesen Service wirklich nutzen, soll eine Studie zeigen.

VON ALICIA GREIL

Weßling – Träge sitzt das dunkelgrüne Froschweibchen auf der Handinnenfläche von Bahram Gharadjedaghi, während er es mit einem nummerierten Gummibändchen ausstattet. An einen Sprung in die Freiheit scheint es keinen Gedanken zu verschwenden. Das ist nicht etwa der frühen Stunde geschuldet, sondern den eisigen Temperaturen. Null Grad hat es an diesem Morgen gegen 7.15 Uhr an der Weßlinger Ortsumfahrung – und Frösche sind Kaltblüter, die sich an ihre Umgebungstemperatur anpassen. „Bei Kälte verlangsamt sich ihr Herzschlag und sie bleiben ganz still“, erklärt Gharadjedaghi. Während sich viele gerade erst aus der Bettdecke schälen, sammelt der Biologe vom Münchner Umweltplanungsbüro GFN mit seinen Mitarbeiterinnen Anja Biging und Simone Zimmermann jeden Tag an der Amphibienschutzanlage entlang der Umfahrung Frösche ein.

„Ende Februar beginnen die Amphibien zu wandern“, sagt er. „Bis alle Tiere zu ihren Laichplätzen und wieder zurück gelangen und auch die Jungtiere von den Laichgewässern in die Wälder wandern, wird es Ende August.“ Für die Biologen bedeutet das ein halbes Jahr lang täglich früh aufstehen, Fang- eimer kontrollieren, die Frösche kartieren und nummerieren. In 42 kleinen Tunneln, die entlang der 1,8 Kilometer langen Amphibienschutzanlage platziert sind, wandern die Tiere danach unter der Staatsstraße hindurch und Richtung Laichgewässer. Durch die Schächte verläuft ein Metallgestell, das die Amphibien in die richtige Richtung lenkt. So sollen sie vor dem Unfalltod auf der Straße bewahrt werden.

Auf der anderen Straßenseite angekommen sammeln die Forscher ihre Schützlinge mithilfe von Fangeimern wieder ein. Durch die Nummern können sie zurückverfolgen, welchen Weg der Frosch gewählt und wie lange er für das Überqueren der Straße gebraucht hat. Amphibienschutzanlagen wie in Weßling gibt es immer öfter in Bayern. Ob die Tiere die Durchgänge so nutzen, wie es vorgesehen ist, oder sie sich doch eher vor den Tunneln fürchten, wollen die Forscher durch die Amphibienzählung herausfinden. Die Schutzanlage funktioniere bisher gut, für ein endgültiges Ergebnis sei es aber zu früh, sagt Gharadjedaghi. Mitte des Jahres soll ein erster Bericht an das Staatliche Bauamt Weilheim geschickt und bei Bedarf an der Anlage nachgebessert werden.

„In diesem Jahr sind bisher etwa 3000 Tiere gefangen worden“, sagt Gharadjedaghi. „An einem guten Tag befinden sich in den Fangeimern bis zu 600 Frösche.“ Unter anderem tauchten bereits Erdkröten, Kammermolche und Seefrösche auf. Als der Biologe am Donnerstag die ersten Fangeimer überprüft, sind sie jedoch leer. Sind die Nächte kalt, traut sich oft kein einziger Frosch aus seinem Überwinterungsplatz im Wald hervor. Trotzdem befinden sich Amphibien in den umzäunten Bereichen beiderseits der Straße. Sie sind in den vergangenen Nächten zur Schutzanlage gewandert und warten den Temperatureinbruch in Tagverstecken ab. Dicht aneinandergekuschelt nehmen die Amphibien dabei in Mulden in der Erde Platz. Die Forscher überdecken den Unterschlupf mit Plastikplanen. „Sobald es den Tieren warm genug ist, kommen sie wieder aus ihrem Versteck hervor“, sagt Gharadjedaghi. Das Springfroschweibchen auf seiner Hand entschließt sich allerdings, fürs Erste in der Mulde zu bleiben, als Gharadjedaghi es absetzt. Gemächlich krabbelt es in seinen Unterschlupf, bevor es in den nächsten Tagen weiter Richtung Laichgewässer geht. Bleibt zu hoffen, dass ihre Artgenossen auf der anderen Straßenseite auch ihren Weg durch die Tunnel finden.

Artikel 10 von 11