München/Rosenheim – Vergangener Samstag an der A8 bei Aufham (Kreis Berchtesgadener Land): Arbeiter sperren die Salzburger Autobahn, es gibt weiträumige Umleitungen. Dann fahren fünf schwere Bagger mit Abbruchzangen vor, beißen Stück für Stück einer maroden Brücke weg. In fünfeinhalb Stunden werden Beton und Eisen weggezwickt. Dann fahren zehn Lkw vor, transportieren die Abbruchteile zur Deponie. Kehrmaschinen reinigen die Fahrbahn – pünktlich zwölf Stunden nach Beginn der Sperrung ist die Autobahn wieder frei.
Ein Brückenabriss im Rekordtempo – so etwas ist derzeit immer wieder an der Salzburger Autobahn zu beobachten: Die Autobahndirektion Südbayern lässt für einen Millionenbetrag Stück für Stück fast alle Brücken an der A8 sanieren – allerdings nur provisorisch. „Wir konnten nicht länger warten“, sagt ein Sprecher der Autobahndirektion. Warten auf eine Entscheidung, die weit weg in Berlin getroffen werden muss. Die Frage ist, ob die Autobahn zwischen Rosenheim und Landesgrenze, die derzeit zwei Spuren je Richtung und keinen Standstreifen hat, umfassend auf drei Spuren je Richtung erweitert wird – oder doch nur einen Standstreifen erhält, wie es der Bund Naturschutz lange gefordert hat.
Eigentlich hatte sich das Bundesverkehrsministerium für drei Spuren entschieden und die Planung nach einem langwierigen Dialog mit den Anwohnern vor Ort auch danach ausgerichtet. Doch dann funkte der Bundesrechnungshof dazwischen: Die Behörde hält die Kosten für zu hoch. Ein Ausbau der gesamten A8 ab München mit drei Spuren ab Inntal koste geschätzt 1,95 Milliarden Euro, ein Anbau eines Standstreifens mit temporärer Freigabe über Telematiksysteme, wie sie derzeit auch an der A8-West geplant sind (siehe Artikel links), sei mindestens 110 Millionen Euro billiger.
Zugleich mahnten die Rechnungsprüfer an, dass das Bundesverkehrsministerium die Kosten westlich und östlich des Inntaldreiecks gesondert betrachte. Wahrscheinlich, um in der Nutzen-Kosten-Analyse über den kritischen Faktor 1 zu kommen, ist bisher nur der Ausbau der kompletten Autobahn betrachtet worden, nicht jedoch die Modernisierung einzelner Abschnitte. Auch habe das Ministerium die temporäre Seitenstreifenfreigabe zu undifferenziert betrachtet. Es gebe nämlich mindestens zwei Varianten: eine große mit Schilderbrücken, und eine kleine mit aufgestellten Verkehrswechselzeichen. Auch dazu hat sich das Ministerium bisher nicht geäußert.
Dem Münchner FDP-Bundestagsabgeordneten Karsten Klein reicht es jetzt: „Ich halte es für bedenklich, wenn das Verkehrsministerium permanent die Entscheidung verschleppt“, sagte Klein unserer Zeitung. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) müsse eingreifen. Bis zur nächsten Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses im Bundestag am 3. April erwartet Klein erste fundierte Angaben. Der Ausschuss hat eine Art Veto-Recht über den Ausbau.
Auch in der Autobahndirektion Südbayern harrt man der Dinge. „Der Planungsdialog in der Region hat viel Energie gekostet“, sagt Sprecher Josef Seebacher. Die Behörde hält bisher am dreispurigen Ausbau fest. Den Verkehrsandrang allein durch Seitenstreifen-Freigabe zu regeln, sei eine „nette Vorstellung“. Aber so einfach sei es nicht. Unter anderem hätten Anwohner bei diesem Schmalspur-Ausbau kein Anrecht auf Lärmschutz. Außerdem sei Verkehrsüberwachung teuer. Rund um die Uhr müsste die A8 dann von Bildschirmen beobachtet werden. „Ohne Personal geht das nicht.“
Eben diese Kosten, moniert der Abgeordnete Klein, müssten nun vorgelegt werden. Welche Variante am Ende gebaut werde, da sei er selbst leidenschaftslos. Aber, so Klein: „Es muss die wirtschaftlichste sein.“