Puchheim – Am Ende der Übung sind die Jugendlichen ganz schön aus der Puste, ihre Arme schwer. Eigentlich nichts Besonderes in der Turnhalle der Realschule Puchheim (Kreis Fürstenfeldbruck). Doch heute wird dort kein Sport gemacht, heute werden Leben gerettet. Rund 300 Schulsanitäter von weiterführenden Schulen aus ganz Bayern haben am Samstag in Puchheim beim Praxistag Schulsanitätsdienst ihr Können aufgefrischt.
In der Sporthalle üben sie die Herz-Lungen-Wiederbelebung. Es läuft rhythmische Musik, das macht es leichter, das richtige Tempo zu finden. Zwischen 100 und 120 Mal in der Minute müssen die Schüler tief in den Brustkorb der Puppen drücken. „Das ist schon etwas anstrengend“, erklärt Luisa Metzger (14) aus der neunten Klasse des Gymnasiums Gars (Kreis Mühldorf am Inn). Für sie war sofort klar, bei den Schulsanitätern mitzumachen: „Ich habe viele Verwandte, die auch Sanitäter sind.“ Ihre Freundin Lena Pröll (14) möchte sogar beruflich in die Richtung gehen: „Ich will später Medizin studieren“, sagt sie.
Die Schulsanitäter konnten sich beim Praxistag für verschiedene Workshops anmelden. Die Herzdruckmassage aber trainierten alle. Denn hier gibt es großes Verbesserungspotential: 70 000 Wiederbelebungen scheitern jedes Jahr in Deutschland. „Dabei könnten wir theoretisch 10 000 Menschen retten“, so Elisabeth Babjar von den Johannitern. Das Programm „Von Herzens- und Lebensrettern“ soll deshalb aufklären: „Die Herzdruckmassage kann jeder machen“, betont Babjar. „Entscheidend ist, dass es schnell geht.“
„Bei der Ersten Hilfe haben wir noch deutlich Luft nach oben“, sagt auch Florian Rößle vom Jugendrotkreuz, der den Praxistag organisiert hat. Eigentlich sollte jeder Bürger alle zwei Jahre seine Kenntnisse auffrischen, findet er. „Leider machen das nur die wenigsten.“ Deshalb muss jetzt die Jugend ran.
Über 1000 bayerische Schulen haben schon Schulsanitäter. Lehrer Marc Andree betreut die Gruppe der Realschule Puchheim – in seiner Freizeit. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit“, sagt er. Als Student hätte er einmal in der U-Bahn beobachtet, wie ein Mann zusammengebrochen war. „Ich war überfordert“, berichtet er. „So etwas möchte ich nie wieder erleben.“ Gleich danach machte er eine Sanitätsausbildung. Jetzt gibt er seit 14 Jahren sein Wissen an die Schüler weiter. Die meisten Einsätze seien psychologischer Art, so Andree. „Auch wenn Schüler wegen Sorgen Bauchschmerzen bekommen, stehen wir zur Verfügung.“ Sportverletzungen kämen ebenfalls immer mal wieder vor.
Auch sie sind ein Thema beim Praxistag. In einem Workshop kümmern sich Lucija Galic (12) von der Mittelschule Hohenwart (Kreis Pfaffenhofen an der Ilm) und Nora Sesselmann (17) vom Münchner Theodolinden-Gymnasium zum Beispiel um Marlene Trischberger (16) vom Viscardi-Gymnasium Fürstenfeldbruck. Trischberger spielt ein Mädchen, das sich vermutlich einen offenen Schienbeinbruch zugezogen hat. Beruhigend spricht Lucija Garlic auf die Verletze ein, gemeinsam mit Nora Sesselmann liegt sie eine Kompresse und einen Verband an. „Mir macht es einfach Spaß, Menschen zu helfen“, erzählt Lucija Galic. Es ist erst ihr erstes Jahr bei den Schulsanitätern, bis jetzt hat sie einen Beinbruch und kleinere Notfälle wie Bauch- und Kopfschmerzen miterlebt. Viel Erfahrung hat bereits Amelie Rotsch (15) vom Gymnasium Gröbenzell. Weil sie neben der Rotkreuz-Jugendgruppe wohnt, war sie schon mit sechs Jahren dort. Sie hat sich für einen Workshop angemeldet, in dem die Schulsanitäter lernen, psychisch mit schwierigen Situationen zurecht zu kommen. „Früher war ich vor jeden Einsatz aufgeregt“, erzählt Rotsch. „Inzwischen geht es besser.“ Bei ihrem zweiten Workshop werden Verletzungen geschminkt. Ein bisschen dunkle Farbe und Puder, schon ist ein Bruch am Handgelenk fertig, ein bisschen rote Farbe und Brausepulver, schon eine blutende Wunde. „Wenn wir neue Schulsanitäter ausbilden, helfen solche Beispiele“, sagt Rotsch. Und Ersthelfer kann eine Schule schließlich nie genug haben.