Huml skeptisch bei Masern-Impfpflicht

von Redaktion

Die Große Koalition in Berlin hat eine neue Debatte über eine Masern-Impfpflicht angestoßen. Doch die Grünen und auch Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml sind skeptisch. Sie setzen auf bessere Aufklärung.

München/Berlin – Die Grünen im Bundestag gehen auf Distanz zu Forderungen aus der SPD, die Impfung von Kindern gegen Masern zur Pflicht zu machen. Statt auf Zwang und Sanktionen zu setzen, müsse man das Vertrauen in eine gute Beratung stärken und auf herrschende Verunsicherungen eingehen, sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche. „Dazu brauchen wir eine Aufwertung des öffentlichen Gesundheitsdienstes und bessere personelle Ausstattung.“ Sie betonte zugleich, Impfen sei ein Akt gesellschaftlicher Solidarität. „Je mehr Menschen geimpft sind, desto größer ist der Schutz für die Bevölkerung, auch gerade für diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können.“

Auch Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) ist skeptisch. Es sei zwar wichtig, die Masern-Impfquoten zu erhöhen, betonte sie. „Überzeugung ist aber besser als Zwang. Deshalb sollte eine allgemeine Impfpflicht nur als letzte Möglichkeit in Erwägung gezogen werden.“ Ihr Ziel sei es, die Bürger fundiert zu informieren und zu motivieren, die Möglichkeit des Impfschutzes zu nutzen. Dabei gehe es nicht nur um den eigenen Schutz, sondern auch um das Allgemeinwohl. Vor allem Säuglinge und Menschen mit geschwächtem Immunsystem müssten geschützt werden.

Bayernweit ist die Zahl der gegen Masern geimpften Kinder deutlich gestiegen – um 48,2 Prozentpunkte auf 92,2 Prozent. Laut Gesundheitsministerium belegen das die Daten aus Schuleingangsuntersuchungen. Nach Ansicht von Experten wäre aber eine Impfquote von mindestens 95 Prozent nötig, um die Masern zu eliminieren.

Bislang wurden bayernweit in diesem Jahr 27 Masernfälle gemeldet, zwölf davon in Oberbayern, elf in Unterfranken, zwei in Mittelfranken und je einer in Niederbayern und Oberfranken. Im gesamten Jahr 2018 gab es 108 Fälle – fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Die Zahlen schwankten zuletzt stark. 2016 gab es beispielsweise nur 33 Fälle in Bayern, 2013 waren es 777.

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO hat bereits die mangelnde Impfbereitschaft beklagt, immer wieder werden Forderungen nach einer Impfpflicht laut. Der SPD-Fraktionsvize und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte, er sei nach einem Gespräch mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zuversichtlich, „dass wir demnächst einen entsprechenden Vorschlag vorlegen können“.

Masernerkrankungen seien extrem ansteckend und potenziell tödlich, warnte die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Infolge einer Masernerkrankung könne es teils erst Jahre später zu einer Gehirnentzündung kommen, für die es keine Behandlung gebe und an der betroffene Patienten ums Leben kämen.

Bereits früher gab es im geteilten Deutschland eine Impfpflicht gegen Pocken – im Westen ab 1949 und in der DDR seit den 50er-Jahren. Grundlage war das 1874 erlassene Reichsimpfgesetz. Die Impfpflicht wurde in der DDR ab den 60er-Jahren stark ausgeweitet. Neben Pocken wurden unter anderem Impfungen gegen Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus, Kinderlähmung, Tuberkulose und auch gegen Masern staatlich verordnet. Die Kinder und Jugendlichen erhielten damals bis zu 17 Pflichtimpfungen.  dpa/kwo

Artikel 1 von 11