ICE-Anschläge: Polizei fasst Verdächtigen in Wien

von Redaktion

München/Wien – Um 23.02 Uhr verlässt der ICE 821 von Dortmund nach München am 7. Oktober 2018 den Nürnberger Hauptbahnhof. Eine Viertelstunde später passiert er Allersberg im Kreis Roth. Da hört der Lokführer ein verdächtiges Geräusch, entscheidet aber, weiterzufahren. Als der Zug am Münchner Hauptbahnhof ankommt, stellt der Lokführer fest, dass die Frontscheibe beschädigt ist. Wie sich später herausstellt, hat jemand ein Stahlseil über die Gleise gespannt und mit Metallteilen verstärkte Holzkeile auf den Gleisen angebracht, um den Zug zum Entgleisen zu bringen. Ein ähnlicher Vorfall ereignet sich im Dezember in Berlin. Am Montag hat die Polizei in Wien einen Verdächtigen festgenommen.

Schriftstücke in arabischer Schrift und eine Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat, die an beiden Bahnstrecken gefunden wurden, führten die Ermittler zu einem 42-jährigen Mann, der aus dem Irak stammt. Laut Kronenzeitung lebt der Ex-Militär und fünffache Familienvater seit Jahren als anerkannter Flüchtling in Österreich. Er soll in Wien studiert und bei einer Sicherheitsfirma gearbeitet haben. Strafrechtlich ist er laut der österreichischen Staatsanwaltschaft zuvor nicht in Erscheinung getreten.

Der Mann zeigte sich bei einer Vernehmung in Wien geständig. Nach Angaben seines Anwalts habe der Iraker aber allein gehandelt und er behaupte, kein Mitglied einer Terrorzelle zu sein. Tatsächlich waren auch die Ermittler lange davon ausgegangen, dass zwar ein Anschlag mit vielen Toten und Verletzten geplant gewesen sei, aber dass es trotz der aufgefundenen Gegenstände keine Verbindung zum IS gebe. Ermittelt wurde deshalb wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr.

150 Beamte waren Anfang November an der Bahnstrecke München–Nürnberg unterwegs und sicherten Beweismaterial. Die Ermittlungsbehörden aus München und Berlin taten sich zur länderübergreifende Ermittlungsgruppe „BAO Trasse“ zusammen. Sie fanden Hinweise auf den Iraker. Gemeinsam mit den österreichischen Behörden wurde der Mann am Montag von Spezialeinheiten in der Nähe seiner Wohnung festgenommen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lobte die „hervorragende internationale Zusammenarbeit“. Die Ermittlungen würden „mit Hochdruck“ weitergeführt. Ungeklärt sei bisher, ob der Verdächtige allein handelte oder Komplizen hatte. Auch sein Bezug zum Islamischen Staat sei Gegenstand der Ermittlungen.

Laut einer gemeinsamen Meldung liegen gegen den 42-Jährigen nun Haftbefehle der Staatsanwaltschaft Wien sowie des Amtsgerichts München vor, unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie des Verdachts des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Bahnverkehr.

KATHRIN BRACK

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