Klagewelle wegen verspäteter Flüge

von Redaktion

Wer Ärger am Flughafen hat, weil der Flug ausgefallen oder verspätet ist, hat Anspruch auf Entschädigung. Über Internetportale holen sich immer mehr Menschen ihr Geld zurück.

München – Ewig auf eine verspätete Maschine gewartet oder gar nicht in den Urlaub gekommen, weil der Flug komplett ausfiel: Immer mehr Menschen in Bayern klagen bei verspäteten oder gestrichenen Flügen auf Entschädigung. Grund für den Anstieg sind wohl die vielen Internetanbieter, über die Betroffene vergleichsweise einfach ihre Ansprüche geltend machen können, wie Gerichtssprecher erklärten.

Das Amtsgericht Erding, das für den Münchner Flughafen zuständig ist, hatte im vergangenen Jahr 5086 neue Fluggastverfahren. Das sind knapp 60 Prozent mehr als 2017. Damals gingen 3190 Klagen ein. Beim Nürnberger Amtsgericht hat sich die Zahl sogar mehr als verdoppelt: Während es 2017 noch 659 neue Verfahren waren, kam das Gericht im vergangenen Jahr auf 1420 Reisevertragsstreitigkeiten. Darunter fallen jedoch auch Fälle, in denen es um Beschwerden über Hotels ging. Der starke Anstieg kommt einem Sprecher zufolge allerdings vor allem daher, dass mittlerweile viele Betroffene von Flugverspätungen oder -ausfällen ihre Ansprüche über Dienstleister im Internet abwickelten.

Diesen Eindruck bestätigt ein Sprecher des Erdinger Amtsgerichts: „Das sind sicher diese Internetportale, die es einfach machen.“ Dabei klagt der Dienstleister stellvertretend für den Betroffenen und holt sich so das Geld zurück

In der Tat: Wer im Internet die Worte „Flug verspätet Entschädigung“ eingibt, stößt auf unzählige Dienstleister, die mit Flugverspätungen ihren Reibach machen wollen. „Umgehendend“ werde das Geld überwiesen, verspricht ein Anbieter – allerdings: „Für unseren Service behalten wir uns 29,75 Prozent von der vorgeschriebenen Ausgleichszahlung ein.“ Die 2005 in Kraft getretene EU-Fluggastrechteverordnung sieht pauschale Entschädigungen für Kunden vor.

Ein Grund für die hohe Zahl an Klagen, die das Amtsgericht nun abarbeiten muss, ist auch der Chaos-Samstag im vergangenen Jahr. Am 28. Juli war eine Frau unerlaubterweise ohne Kontrolle in den Sicherheitsbereich des Terminals 2 gelangt. Fünf Stunden lang blieb das Terminal gesperrt, es gab insgesamt 330 ausgefallene Flüge und rund 32 000 betroffene Passagiere.

Ein weiterer Grund für die Klagewelle ist schlicht der stete Anstieg an Passagieren – 46,3 Millionen waren es im vergangenen Jahr. Mehr Passagiere – mehr Verspätungen, so einfach ist das. Auch Flughafen-Chef Michael Kerkloh hat kürzlich auf der Bilanz-Pressekonferenz auf die vielen Ausfälle und Verspätungen hingewiesen. Sie hätten auch mit Personalmangel bei der Flugsicherung und fehlenden Reserven bei der Flugzeugflotten der Airlines zu tun, bemerkte er. Kurz: Mit der „gegenwärtigen Situation an unserem Flughafen“, so Kerkloh, könne man „keineswegs zufrieden sein“.

Die Klagewelle betrifft übrigens auch kleinere Flughäfen wie den in Memmingen. Auch ein Sprecher des Memminger Amtsgerichts spricht von einer „merkbaren Zunahme“ bei den Klagen wegen annullierter oder verspäteter Flüge. Genaue Zahlen gebe es nicht.  dw/lby

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