Gegenverkehr auf der Schleimspur

von Redaktion

Nichts ist mehr in Bayern, wie es mal war: Die Freien Wähler dürfen regieren, die Grünen sind stärkste Oppositionspartei. Da dient Django Asül beim Maibock-Anstich als Konstante. Mit ein paar Neuen fremdelt er aber gewaltig.

VON MIKE SCHIER UND CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

München – Bei der ersten Pointe nimmt Django Asül gerade noch die richtige Abzweigung. Sein Derblecken im Münchner Hofbräuhaus beginnt – natürlich – mit Markus Söder. 2019 sei ja laut chinesischem Kalender das Jahr des Schweins, beginnt Asül also. Und man denkt schon, au weh, was kommt jetzt? Aber Django sagt nur: „Und wenn einer Schwein gehabt hat in letzter Zeit, dann wirklich unser Markus Söder.“ Noch am Wahlabend wäre der Ministerpräsident am liebesten im Erdboden verschwunden. „In der CSU wurde schon gemunkelt: Wahrscheinlich wird 2019 das Jahr der Kanalratte.“ Aber jetzt – dank Schwein – sei der Markus wieder obenauf. Er habe sich sogar komplett neu erfunden. „Neben dem Söder ist ein Chamäleon bestenfalls einfarbig.“

So beginnt der inzwischen zwölfte Auftritt von Django Asül beim Maibock-Anstich im Hofbräuhaus. Ein bisschen schräg, ziemlich frech, aber mit jenem anarchisch-bayerischen Humor, der für Asül so typisch ist. Seit Jahren existiert ein kleiner Wettstreit zwischen Maibock-Anstich und Nockherberg: Gerade jene, denen Luise Kinseher als „Mama Bavaria“ zu brav war, beklatschten den etwas deftigeren Django Asül. Doch in diesem Jahr läuft der Vergleich unter neuen Vorzeichen. Die Nockherberg-Premiere des Schwaben Maxi Schafroth empfand die Mehrheit als gelungen. Die Frage: Was kann der Niederbayer Asül dagegen setzen?

Die Antwort: eine ganze Menge. Den vermeintlichen Linksruck, den mancher Bayern diagnostiziert hatte, bringt er auf den Punkt. „Nach der Landtagswahl 2013 hatten Grüne und SPD zusammen lediglich 60 Sitze im Landtag. Aber jetzt nach dieser Wahl haben sie sogar 60 Sitze.“

Wie immer bei Asül: launig, so hintersinnig wie -fotzig und manchmal grenzwertig derb. Etwa, wenn er über die neue Demut von Hubert Aiwanger gegenüber dem neuen großen Bruder Söder lästert: „Der Hubert hat aus der A92 Landshut-München eine Hochgeschwindigkeits-Schleimspur gemacht.“

Oft geht dieser Stil gut. Manchmal nicht. Die Zuhörer im Saal rätseln, was der neue Bauminister Hans Reichhart dem Kabarettisten angetan hat. Asül widmet dem nicht allzu bekannten JU-Vorsitzenden aus Schwaben einen beachtlichen Teil seiner Rede. Vor allem setzt er sich mit Reichharts Rolle im Untersuchungsausschuss zum Fall Schottdorf auseinander, der ein halbes Jahrzehnt zurückliegt. Kompliziert, wenig lustig und auch etwas deplatziert. An den Tischen schütteln sie mit den Köpfen. So hat die Rede nach fulminantem Start in der Mitte einen Durchhänger – was freilich auch daran liegen könnte, dass im neuen Kabinett nur wenige Typen sitzen, die Vorlagen liefern. Da muss Asül dankbar sein, dass es Söder, Aiwanger und die Grünen gibt.

Egal. Am Ende gibt es für die insgesamt gelungene Rede lauten Beifall. „Bayerisch, deftig“, lobt Söder, die jungen Minister werde er im „psychologischen Beratungsgespräch“ wieder aufrichten. Ist wohl nicht nötig: Reichhart reagiert mit Achselzucken. „Alles gut.“ Nur CSU-Generalsekretär Markus Blume beklagt „übertriebene Härte“, das falle auf angesichts des hohen Asül-Niveaus. Ernsthaft sauer ist keiner. „Ein wilder Ritt, ich fand’s lustig“, sagt die Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze.

Auch Finanzminister Albert Füracker, in der Staatsbrauerei Hausherr, ist zufrieden. Vielleicht auch einfach nur erleichtert. Schließlich hat er das Anzapfen in zwei Schlägen erledigt – letztes Jahr war sein Anzapfversuch nach neun Schlägen in einer riesigen Bierdusche geendet. Diesmal bleiben alle trocken.

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