Wohnungssuche mit vereinten Kräften

von Redaktion

Der Wohnungsmarkt ist angespannt. Besonders Geflüchtete haben ohne Hilfe kaum eine Chance, einen Vermieter zu finden. Im Kreis Erding bekommen sie dabei nun Unterstützung. Wohnungslotsin Nicoletta Gehlmann soll sie fit machen für Suche und Bewerbung – und damit gleichzeitig Ehrenamtliche entlasten.

VON KATRIN WOITSCH

Erding – Nicoletta Gehlmann hat am Wochenende viele Male eine imaginäre Haustür geöffnet. Um dann vielen potenziellen Mietern eine imaginäre Wohnung zu zeigen. Die Haustür und die Wohnung waren ausgedacht – die potenziellen Mieter sind echt. Und sie haben etwas gemeinsam: Ohne Unterstützung von Gehlmann und ehrenamtlichen Helfern hätten sie auf dem Wohnungsmarkt keine Chance.

Genau das will die 48-Jährige gemeinsam mit Ehrenamtlichen aus den Helferkreisen ändern. Sie ist seit Januar in der Fachstelle Migration und Wohnen im Kreis Erding. Caritas und Landkreis sind eine Kooperation eingegangen, um diese Stelle zu schaffen. Gehlmann soll die Ehrenamtlichen unterstützen, die schon seit Jahren alles tun, damit es anerkannten Asylbewerbern gelingt, aus den Unterkünften auszuziehen und eine Wohnung zu mieten. In Erding sind das aktuell etwa 400 Menschen, in ganz Oberbayern sind es über 10 000. „Schon für uns Deutsche ist es eine Herausforderung, auf dem Wohnungsmarkt etwas zu finden – obwohl wir die Sprache perfekt sprechen“, sagt Gehlmann. Für Geflüchtete sei es extrem schwierig ohne Hilfe. „Die meisten verstehen ja nicht einmal die Abkürzungen in den Wohnungsanzeigen.“ Viele trauen sich ihrer Erfahrung nach nicht, bei Vermietern anzurufen. Und bei den Besichtigungsterminen seien sie völlig überfordert.

Da setzt Gehlmann an. Sie hat in den vergangenen Wochen einen Qualifizierungskurs für die Wohnungssuchenden entwickelt und sich dafür bei den Helferkreisen Hilfe geholt. „Sie sind inzwischen die wahren Profis“, sagt sie. Am Wochenende fand der erste Kurs statt. Elf Teilnehmer. Alleinstehende, Familien, Mütter mit Kindern – alle von ihnen sind seit Langem anerkannt und dürften ihre Unterkunft verlassen. Nur finden sie keine Wohnungen.

Gehlmann hat mit Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer viel erklärt – und viele Rollenspiele gemacht. „Erst einmal haben wir den Teilnehmern vorgespielt, was man bei einem Besichtigungstermin alles falsch machen kann“, erzählt sie. Kaugummi kauen, telefonieren, zur Begrüßung nicht die Hand geben. Dann hat sie mit den Wohnungssuchenden trainiert wie es richtig geht. „Sie sind für jeden Tipp dankbar“, sagt sie. Zum Beispiel hat sie erklärt, dass es höflich ist, zu fragen, ob man die Schuhe ausziehen soll, bevor man eine Wohnung betritt. Auch das Telefonieren für Wohnungsanzeigen in der Zeitung haben sie geübt. Jeder Teilnehmer hat nach dem Kurs ein Zertifikat bekommen. Und eine fast fertige Bewerbungsmappe mit Kurzporträt, Schufa-Auskunft und Pass-Kopie.

Trotz Kurs und Mappe wird es für die anerkannten Asylbewerber auf dem Wohnungsmarkt weiterhin noch schwerer sein als für deutsche Wohnungssuchende, ist Gehlmann überzeugt. „Aber sie sind fitter, als sie es ohne Hilfe wären.“ Als nächstes geht es darum, Vermieter zu finden. „Auf allen Wegen, die mir einfallen“, sagt sie. Das bedeutet: Sie und die Helfer werden selbst Wohnungsanzeigen abtelefonieren und aufgeben – auch um herauszufinden, wie groß die Bereitschaft ist, an anerkannte Flüchtlinge zu vermieten. „Ich will auch für die Vermieter ein Ansprechpartner sein“, kündigt sie an. Genau wie die Ehrenamtlichen aus den Helferkreisen. Gemeinsam werden sie vermitteln, wenn Missverständnisse oder Probleme aufkommen. Und bei offenen Fragen beraten. Nach dem erfolgreichen Kurs am Wochenende ist Gehlmann voller Motivation. „Ich habe so viele Ideen, wie ich es Vermietern schmackhaft machen kann, an Geflüchtete zu vermieten“, kündigt sie an. „Sie sind so bemüht und willig“ – das kann sie schon nach drei Monaten sagen.

Trotzdem: Auf dem angespannten Wohnungsmarkt ist jeder Tipp nötig. Und Nicoletta Gehlmann hat eine Menge davon. Zum Beispiel: „Selbst Zettel aufhängen – das bringt erfahrungsgemäß am meisten.“ Die Ehrenamtlichen werden weiterhin die wichtigste Stütze sein bei der Wohnungsvermittlung, betont sie. Ihre Aufgabe ist es, die Helfer dabei zu unterstützen und Kontakte zu Vermietern herzustellen. Wenn das Erfolge bringt, könnte sich Gehlmann gut vorstellen, dass in anderen Landkreisen vielleicht ähnliche Stellen entstehen werden. „Denn das Wohnungsproblem ist überall groß.“

Kontakt

Nicoletta Gehlmann ist erreichbar per E-Mail: nicoletta.gehlmann@ caritasmuenchen.de oder unter 0 81 22/955 94 49.

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