Der Schreckensschwan vom Tegernsee

von Redaktion

Der Tegernsee hat einen Problem-Schwan: In der Rottacher Bucht greift ein aggressives Tier Wassersportler an. Anfangs vermutete man, der Schwan sei einfach liebestoll. Inzwischen wird über den Abschuss des Wasservogels gesprochen.

VON GABI WERNER, GERTI REICHL UND KATHRIN BRACK

Rottach-Egern – Schwäne gelten seit jeher als majestätisches Symbol der Reinheit. Am Tegernsee (Kreis Miesbach) steht das Tier derzeit vor allem für eines: Angriffe auf Wassersportler. Ein aggressives Exemplar hat es auf Kajakfahrer, Ruderer und Stand-up-Paddler abgesehen. Claudia und Peter Gottschalk aus Ehekirchen (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) erwischte der Schwan vor einigen Tagen, als sie gerade mit ihren Kajaks losgepaddelt waren. Er scheuchte sie in ein Bootshaus und verfolgte sie bis zum Strandbad, wo sie ihren Ausflug schließlich abbrachen. „Er hat uns aufgelauert“, sagt Peter Gottschalk.

Der Vogel startet seine Attacken aus der Luft – so schildert es nicht nur das Ehepaar, sondern auch weitere Wassersportler, die von Angriffen berichten. Der Schwan habe „einen Hau weg“, meint Tilmann Domzig, den das Tier bei einer Trainingseinheit mit seinem Renneiner, einem Sportruderboot, erwischte. „Die Jahre zuvor hat der Schwan immer einen Sicherheitsabstand gehalten, er hat mich nie berührt“, sagt Domzig. Der Schwan treibe bereits seit drei Jahren sein Unwesen am See.

Tatsächlich seien Angriffe aus der Luft „sehr ungewöhnlich“, sagt Sophia Engel, Ornithologin beim Landesbund für Vogelschutz (LBV) München. „Zur Brutzeit kommt es immer wieder vor, dass Tiere ihr Territorium verteidigen.“

Der Tegernseer Schwan greift allerdings vom Frühjahr bis in den Spätsommer hinein an. Es könnte sich also einfach um ein aggressiveres Exemplar handeln. „Auch Vögel haben unterschiedliche Persönlichkeiten“, erklärt Engel. „Eigentlich braucht es aber einen Anlass für aggressives Verhalten.“ Den Anlass vermutet sie bei den Menschen: Das Tier scheint sensibler auf die Menschenmassen am See zu reagieren. „Da kann es sein, dass sich das Tier schneller gestört fühlt.“

Am Landratsamt Miesbach befassen sich inzwischen mehrere Abteilungen mit dem Problem-Schwan. Zu Beginn hatte man über eine Umsiedlung des Tieres nicht nachgedacht – inzwischen spricht man zumindest über die theoretische Möglichkeit, das Tier schlimmstenfalls abzuschießen, falls es doch einmal jemanden verletzt.

Das gestaltet sich nicht nur deshalb schwierig, weil es sich um einen Höckerschwan handelt, der besonderen Schutz genießt. Er unterliegt dem Bundesjagdgesetz und dürfe nur zwischen dem 1. November und dem 20. Februar bejagt werden. Theoretisch könnte die Jagdbehörde am Landratsamt zwar einen Abschuss anordnen. Allerdings müsste sich erst einmal ein Jäger finden, der bereit ist, das Tier abzuschießen, heißt es vom Landratsamt.

Bei der Behörde überlegt man nun, ob man Schilder aufstellen könnte, die darauf hinweisen, dass man sich von brütenden Schwänen fernhalten soll. Auch Sophia Engel glaubt, dass es helfen würde, wenn man das Tier in Ruhe ließe, dann könnte sich die Situation von allein beruhigen. „Ein See ohne Schwäne, da würden sich die Leute auch wieder beschweren.“

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