Kuhglocken bimmeln im Juni wieder

von Redaktion

Im Kuhglocken-Streit von Holzkirchen hat Bäuerin Regina Killer erneut einen Sieg errungen: Das Oberlandesgericht München wies die Berufungsklage ihres Nachbarn ab. Die Kühe dürfen also im Juni wieder auf die Weide. Doch der Nachbar will vor den Bundesgerichtshof.

VON NINA GUT

Holzkirchen – Regina Killer kommt ganz abgehetzt ans Telefon. „Ich bin heute schon wieder nur am Telefonieren“, sagt sie. Kein Wunder, jeder ruft an, um sie nach ihrer Reaktion auf das Urteil zu fragen. In der Früh hat das Oberlandesgericht (OLG) München eine Entscheidung verkündet: Es hat die Berufung des Unternehmers Reinhard U. abgewiesen, der gegen das Bimmeln von Killers Kuhglocken klagt. Das OLG hat damit das Urteil des Landgerichts München II bestätigt, das das Geläut erlaubt hatte. „Das passt, das Urteil“, sagt Killer nach der Verkündung, „toll, dass es so ausgegangen ist.“ Das zeuge davon, dass es noch Richter gebe, „die in meinen Augen richtige Urteile fällen.“

In der OLG-Verhandlung im Februar hatten die Richter noch erwogen, einen Schlafprobe zu machen. Sie wollten sich vor Ort eine Nacht lang das Bimmeln der Kühe anhören. Doch daraus wurde nun nichts. Und das ist Killer auch lieber so. Sie hätte zwar nichts gegen den Schlaftest gehabt. „Aber das hätte sich wieder hingezogen.“ Denn das Jungvieh kommt erst im Juni auf die Weide – noch ist es zu kalt.

Diese Weide liegt vor dem Haus von Reinhard U. in Holzkirchen, Ortsteil Erlkam (Kreis Miesbach). Der hatte das Haus vor rund fünf Jahren gekauft. Ein Jahr später pachtete Killer die Wiese. Seitdem stören sich U. und seine Frau vor allem an den Glocken der Tiere. Angeblich leiden sie seitdem an Schlafstörungen und Depressionen. Außerdem geht es ihnen um den angeblichen Wertverlust des Hauses, um Gestank und Gesundheitsgefahr durch Weidestechfliegen. 2015 klagte U. vor dem Amtsgericht Miesbach zum ersten Mal gegen Killer. Dort schlossen sie einen Vergleich, in dem sie sich darauf einigten, dass die Kühe nur auf der Südseite der Weide Glocken tragen dürfen. Und an diesen Vergleich ist er gebunden – das haben nun die Folgeinstanzen bestätigt.

Das OLG kam außerdem zu dem Schluss, dass die Lärmangaben von Reinhard U. zu pauschal seien. Die Angaben des Nachbarn seien „zu widersprüchlich und tatsachenarm“ gewesen, um eine unzumutbare Belastung belegen zu können. Anwalt Peter Hartherz hatte im Februar gesagt, dass Messungen am Schlafzimmerfenster des Paares eine Lautstärke von mehr als 70 Dezibel ergeben hätten. Zum Beweis spielte er im Gericht Aufnahmen ab.

Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. U. hat nur noch die Möglichkeit, eine so genannte Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Alles sieht danach aus. „Wir gehen davon aus, dass wir das machen werden“, sagt Hartherz nach dem Urteil. Er bedauert, dass es keine Schlafprobe geben wird. Sein Mandant habe „darauf gehofft, dass das Gericht sich mal selbst ein Bild macht von den unhaltbaren Zuständen.“

So oder so ist der Kuhglocken-Streit noch nicht vom Tisch. Denn auch die Ehefrau von Reinhard U. hat Klage eingereicht – und ist vor dem Landgericht gescheitert. Ihr Verfahren liegt nun auch beim OLG. „Jetzt werden wir alles daransetzen, dass zumindest die Ehefrau des Klägers zu ihrem Recht kommt.“

Regina Killer fühlt sich derweil in ihrer Sache bestärkt. Und sie appelliert an alle Landwirte: „Tut’s wieder Glocken hin.“ Viele hätten die Schellen nämlich abgenommen – aus Angst, dass es ihnen so ergeht wie Killer. „Das ist absolut der falsche Weg“, sagt sie. Man solle sich nicht einschüchtern lassen. Die Kuhglocken seien Tradition. „Das war schon immer so.“

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