München – Der Runde Tisch nach dem Volksbegehren zum Artenschutz hat seine Arbeit fast beendet. Das Klima sei erstaunlich positiv gewesen, bilanziert sein Leiter Alois Glück im Interview. Zugleich ermahnt der ehemalige Landtagspräsident aber Staatsregierung und Regierungsfraktionen, die Umsetzung nun ähnlich offen anzugehen – und nicht mit politischem Taktieren.
Herr Glück, Markus Söder hat angekündigt, den Gesetzestext des Volksbegehrens zu übernehmen. Wurden Sie davon überrascht?
Ja, genauso wie alle anderen Mitwirkenden in den Arbeitsgruppen. Die Beratungen liefen sehr konstruktiv. Wir waren bei der Annäherung der Positionen zwischen den Initiatoren des Volksbegehrens und der Landwirtschaft schon sehr weit.
Hätten Sie sich vom Ministerpräsidenten mehr Kommunikation gewünscht?
Ich hatte ja selbst auf absolute Selbstständigkeit gepocht, deshalb gab es in dieser Phase eigentlich kaum Kontakt. Letztlich glaube ich nicht, das Markus Söder den Runden Tisch überraschen, sondern eher ein Signal in die Fraktionen der Regierungsparteien senden wollte.
Wäre denn ein Gegenentwurf zum Volksbegehren erreichbar gewesen?
Grundsätzlich schon. Der Naturschutz hatte ja schon früh signalisiert, dass einige Inhalte nicht passen. Allerdings haben die Erfahrungen gezeigt, dass ein eigenständiger Entwurf in der Kürze der Zeit, die das Verfassungsrecht lässt, über diesen Beratungsweg nicht realisierbar ist. Damit bleibt nur der Weg des Ministerpräsidenten.
Worauf haben Sie hingearbeitet?
Mir ging es anfangs vor allem um Verständigung zwischen Naturschützern und Landwirten. Misstrauen und Ängste abbauen war das Ziel, was Zeit kostet. Allmählich haben aber alle erkannt, dass die andere Seite nicht aus Böswilligkeit argumentiert. Die Stimmung wurde entgiftet. Am Schluss herrschte ein konstruktives Klima, wie es so wohl keiner für möglich gehalten hätte.
Der Ministerpräsident hat dann ziemlich Tempo gemacht und in der Kabinettsvorlage viele Punkte des Runden Tisches vorweggenommen. Mussten Sie auf die Bremse treten, damit der Runde Tisch noch Sinn macht?
Da sind Dinge im Detail bekannt gegeben worden, die die Mitwirkenden der Arbeitskreise als mangelnden Respekt gegenüber ihrer Arbeit empfunden haben. An der Stelle hätte ich mir mehr Abstimmung gewünscht.
Verständnisfrage zum Begleitgesetz: Geht es da nur um die Korrekturen des Volksbegehrens …
…um das nochmals klarzustellen: Man kann den Text mit dem Begleitgesetz des Volksbegehrens nicht ändern. Aber natürlich wollen wir alle Handlungsspielräume ausschöpfen.
…oder auch um weiterführende Fragen wie den Flächenfraß?
Selbstverständlich haben wir mit drei Arbeitsgruppen Themen aufgegriffen, die vom Volksbegehren gar nicht behandelt wurden. Mit ihnen und durch die vielen Beteiligten und Engagierten ergibt sich das breite Fundament für den vom Ministerpräsidenten angestrebten Gesellschaftsvertrag.
Würden Sie den Runden Tisch gerne als dauerhafte Einrichtung weiterführen?
Eine Dauereinrichtung bräuchte eine konkrete Aufgabenstellung. Vordringlich ist jetzt die Qualität, die Offenheit der Beratungen im Parlament. Hier wird von den Regierungsfraktionen viel abhängen.
Dort scheint es immer noch größere Widerstände zu geben.
Wenn innerhalb der Staatsregierung, in den Regierungsfraktionen und auch in den parlamentarischen Beratungen nicht überflüssige Profilierungswettbewerbe stattfinden, sondern so konstruktiv beraten wird wie zuletzt am Runden Tisch, dann hat das auch positive Auswirkungen auf die Bereitschaft gesellschaftlicher Gruppen, sich zu engagieren. Das Ziel „Gesellschaftsvertrag“, Schutz der Natur und der natürlichen Lebensgrundlagen als Gemeinschaftsaufgabe, hat kein Fundament und keine Glaubwürdigkeit, wenn nun politisches Taktieren die Situation prägen würde.
Was meinen Sie damit konkret?
Je breiter die Basis im Parlament durch die Mitwirkungsmöglichkeiten der verschiedenen Fraktionen ist, umso besser ist auch die Ausgangsvoraussetzung, nötigenfalls in absehbarer Zeit auch Korrekturen im Text des Volksbegehrens ohne große politische Konflikte und Polarisierung zu realisieren. Grundsätzlich kann dies der Landtag zu jeder Zeit beschließen, aber sicher nicht jetzt in einem Hauruck-Verfahren.
Interview: mik