Wieder stirbt ein Jugendlicher auf Waggon

von Redaktion

Der nächste tödliche Stromschlag: Nur einen Tag, nachdem in Haar ein 17-Jähriger auf dem Waggon eines Güterzuges ums Leben kam, stirbt auch in Niederbayern ein Jugendlicher nach einer leichtsinnigen Kletteraktion. Die Polizei mahnt zur Vorsicht.

VON DOMINIK GÖTTLER

Osterhofen – Während die Zeugen des tödlichen Unfalls in Haar (Kreis München) ihren Schock noch nicht überwunden haben, folgt am Tag darauf schon die nächste Schreckensnachricht. Diesmal aus dem niederbayerischen Osterhofen. In der Nacht zum Mittwoch ist auch dort ein Jugendlicher auf einen abgestellten Kesselwagen geklettert und von einem Stromschlag tödlich verletzt worden.

Der 16-Jährige hatte laut Polizeiangaben gemeinsam mit drei Freunden auf dem Bahnhofsgelände in Osterhofen-Altenmarkt (Kreis Deggendorf) einen Geburtstag gefeiert. Die Jugendlichen stammen aus den niederbayerischen Gemeinden Plattling und Künzing. Kurz vor 22 Uhr kamen zwei aus der Gruppe offenbar auf die Idee, auf den Waggon eines abgestellten Güterzuges der Deutschen Bahn zu klettern. Sie suchten sich einen mit Heizöl befüllten Kesselwagen aus.

Doch als sich beide auf dem Waggon befanden, bildete sich von der elektrischen Oberleitung mit 15 000 Volt Leistung ein Lichtbogen. Der 16-Jährige verbrannte sofort, sein 15-jähriger Freund wurde ebenfalls getroffen und vom Dach des Waggons geschleudert. Er musste reanimiert und mit dem Hubschrauber in eine Klinik gebracht werden. Dort kämpfen die Ärzte weiterhin um sein Leben.

Die Fahrgäste eines Personenzugs, der an dem Bahnhof gehalten hatte, bekamen den Stromschlag mit und alarmierten die Rettungsleitstelle. Warum die Jugendlichen auf den Waggon kletterten, sei bislang noch nicht geklärt, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Niederbayern gestern. Auch, ob die beiden Opfer alkoholisiert waren, war gestern noch unklar.

Bei dem Unfall in Haar in der Nacht zuvor war ebenfalls ein Jugendlicher auf einen Kesselwagen geklettert, nachdem die Gruppe die S-Bahn verpasst hatte (wir berichteten). Der 17-Jährige hatte laut Polizeiangaben sogar die Oberleitung berührt – und starb vor den Augen seiner zwei Freunde.

Wolfgang Hauner und seine Kollegen von der Bundespolizei München müssen immer wieder wegen solch gefährlicher Aktionen ausrücken. „In der Regel steckt nichts anderes als jugendlicher Leichtsinn dahinter“, sagt Hauner. Wenn sich Langeweile und häufig auch Alkoholkonsum mit Gruppendynamik paart, „dann kommen manchmal Ideen für eine gefährliche Kraftprobe heraus“. Zwar sei die Bundespolizei zur Prävention an Schulen unterwegs und warne immer wieder vor den Gefahren auf und um die Bahngleise. „Aber manchmal hat man den Eindruck, dass uns da nicht alles geglaubt wird, was wir sagen.“

Zum Beispiel, dass in der Oberleitung eine 65-mal höhere Spannung herrscht, als in der Steckdose zu Hause. „Da muss man nicht mal in die Leitung fassen, der Stromüberschlag kann bis zu 1,5 Meter weit gehen“, warnt Hauner. Gerade, wenn die Luft sehr feucht ist, werde der Strom besser übertragen. „Und selbst wenn man die Verbrennungen überlebt, kommen ja noch die inneren Verletzungen und der Sturz vom Waggon dazu.“ Immer wieder gebe es Fälle, wo die Betroffenen nach einem Stromschlag auch nach Wochen im Krankenhaus noch ihr Leben verlieren. Die Polizei warnt deshalb dringend vor leichtsinnigen Abenteuern rund um die Gleise.

Artikel 1 von 11